Prüfungen in der Corona-Pandemie: Berliner Schüler mit gefährdeten Angehörigen können Abitur separat schreiben
Für einige Abiturienten sind die Prüfungen eine große Belastung. Covid-19 wäre für ihre Angehörigen lebensgefährlich. Der Senat bietet ihnen nun mehr Schutz.
Seit dem heutigen Montag laufen die Abiturprüfungen und viele Schüler haben dabei ein ganz schlechtes Gefühl. Das gilt insbesondere für Abiturienten, die mit Menschen aus der Covid-19-Risikogruppe zusammenleben. Denn bisher hieß es von der Senatsverwaltung für Bildung, dass diese Schüler regulär an Prüfungen teilnehmen müssen.
„Für Familienangehörige treffen wir keine Regelung“, twitterte die Verwaltung am Freitag. Viele Schüler hatten deshalb Angst, dass sie sich bei den Klausuren mit dem Coronavirus anstecken und damit ihre Angehörigen in akute Gefahr bringen könnten.
Nach einem Bericht im „Tagesspiegel Checkpoint“, stellte die Bildungsverwaltung heute allerdings in einem Tweet klar: „Leben Personen einer Risikogruppe im selben Haushalt mit Schülerinnen und Schülern, die in Berlin Prüfungen ablegen, können besondere Vorkehrungen getroffen werden. Separate Prüftermine sind möglich“.
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Damit gelten für diese Schüler nun dieselben Regeln wie für gefährdete Prüflinge. Ein entsprechendes Schreiben ging am Freitag an Berlins Schulleiter. Der Nachweis der Gefährdung kann unbürokratisch erfolgen. Sie sei glaubhaft zu machen, heißt es in dem Schreiben. „Ist die Erkrankung in der Schule hinreichend bekannt, ist kein weiterer Nachweis erforderlich.“
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Die neue Regelung ist für viele Schüler und Schülerinnen vor allem eine emotionale Entlastung. Unter welchem Druck manche Abiturienten zuletzt standen, zeigt die Aussage einer Wilmersdorfer Gymnasiastin. Sie schrieb dem Tagesspiegel: „Meine Mutter hat entzündliches Rheuma und gehört zur Risikogruppe. Natürlich würde ich meinen Schnitt auch gerne mit guten Prüfungen vielleicht verbessern, aber ich möchte sie mit meinem Abitur nicht umbringen.“
Vierte und fünfte Prüfungskomponente kann sogar per Video abgelegt werden
Die betroffenen Schüler können die schriftliche Prüfungen nun mit besonderen Sicherheitsvorkehrungen absolvieren. Dazu zählen laut Bildungsverwaltung: Separate Räume, sehr große Sicherheitsabstände, eigene Zugänge in die Schulen, das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, Desinfektionsmittel und weitere Vorsichtsmaßnahmen. Die Prüfungen können auch an Nachschreibe-Terminen oder sogar an eigenen Terminen geschrieben werden.
In Fällen, wo eine besondere Gefährdung vorliegt, haben die die Schüler die Möglichkeit, die Prüfungen zu Hause abzulegen. Mündliche Prüfungen und Prüfungen der sogenannten fünften Prüfungskomponente können sogar per Video abgelegt werden. Gegebenenfalls sei auch eine Prüfung nach den Sommerferien möglich, heißt es zudem in dem Schreiben.
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Als Ultima Ratio für den Fall, dass sich die ganze Familie des Prüflings in freiwilliger Quarantäne befindet, wird in dem Papier die Verschiebung der Abitur-Prüfungen auf den „Prüfungsdurchgang 2021“ genannt. In diesem Fall müsse ein Antrag auf Wiederholung des Schuljahres gestellt werden.
Laut dem Sprecher der Bildungsverwaltung, Martin Klesmann, gelten dieselben Regeln auch bei den Prüfungen zum mittleren Schulabschluss (MSA). In dem Schreiben an die Schulleiter ist auch allgemein nur von Prüfungen die Rede.
Veröffentlicht wurde das Schreiben am Montagmorgen von Norman Heise, dem Vorsitzenden des Landes-Eltern-Ausschuss (LEA), auf Twitter. Heise und der LEA hatten noch am Freitag kritisiert, dass weiterhin unklar sei, ob Abiturienten mit gefährdeten Angehörigen an den Prüfungen teilnehmen müssen.
Heise hatte bereits am 13. April gefordert, Schüler, die zu Risikogruppen gehören, sowie Schüler mit gefährdeten Angehörigen auf Wunsch von den Prüfungen freizustellen.
Der Sprecher der Bildungsverwaltung sagte dem Tagesspiegel dazu am Montag, dass das Schreiben mit den Regelungen rechtzeitig vor dem Ende der Osterferien an die Schulleiter gegangen sei.
Öffentlich bekannt gemacht wurden die Regeln allerdings erst heute – am ersten Tag der Prüfungen. Man habe darauf achten müssen, dass diese Regelungen auch rechtssicher seien, sagte Klesmann.