Ein Jahr nach Start des Digitalpakts: Berliner Schulen treten bei Digitalisierung auf der Stelle
Viele Schulen verfügen nicht einmal über WLAN. Die Bildungsverwaltung verweist auf die Verantwortung der Bezirke.
Mehr als ein Jahr nach dem Start des Digitalpakts Schule treten Berlins Schulen beim Ausbau der digitalen Infrastruktur auf der Stelle. Auf Anfrage des FDP-Abgeordneten Bernd Schlömer räumte die Senatsverwaltung für Bildung ein, dass aktuell keine der mehr als 600 allgemeinbildenden Schulen in der Stadt an das Glasfasernetz angeschlossen ist.
Auch die Ausstattung der Schulen mit WLAN – zentrales Ziel der allein in Berlin mit 257 Millionen Euro geförderten Maßnahme – stockt erheblich. Während einzelne Bezirke wie Mitte oder Lichtenberg keinerlei Erfahrung mit WLAN an den Schulen gemacht haben, sind unter anderem in Friedrichshain-Kreuzberg bereits einige Schulen versorgt – in den wenigsten jedoch gibt es WLAN im kompletten Gebäude.
Aus Neukölln, dem Bezirk, in dem zuerst Schulen an das Glasfasernetz angebunden werden sollten, heißt es dazu lediglich: „Grundsätzlich kann jede Neuköllner Schule über WLAN verfügen, wenn dies pädagogisch und technisch notwendig ist.“
Statistiken darüber, wie viele Klassenräume mit WLAN ausgestattet sind, würden nicht geführt. Kein Wunder: „Die Stelle, die für den IT-Bereich der Schulen zuständig ist, konnte leider noch nicht nachbesetzt werden“, heißt es in der Antwort weiter. Ein Zeitplan für den Ausbau der WLAN-Kapazitäten existiert nicht.
Während die Bildungsverwaltung an dem Ziel festhält, bis 2024 – dann läuft der Digitalpakt aus - allen Schulen eine leistungsfähige IT-Ausstattung zur Verfügung zu stellen, verweist sie gleichzeitig auf die Verantwortung der Bezirke für „Verwaltung und Unterhaltung der äußeren Angelegenheiten der allgemein bildenden Schulen“.
[In unseren Leute-Newslettern berichten wir wöchentlich aus den zwölf Berliner Bezirken. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]
Dazu würden Maßnahmen zur Schaffung der äußeren Voraussetzungen für das Lehren und Lernen in der Schule, insbesondere der Bau, die Ausstattung und die Unterhaltung der Schulen, zählen. „Dies beinhaltet auch die Zuständigkeit für die Ausstattung der Schulen mit IT und IT-Peripherie sowie die Vernetzung“, erklärte Beate Stoffers (SPD), Staatssekretärin in der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie.
Schlömer, Sprecher für Bürgerrechte, Digitalisierung und Verwaltungsreform in seiner Fraktion, bezeichnete die Bestandsaufnahme für Berliner Schulen in Sachen Digitalisierung daraufhin als „mehr als ernüchternd“. Der rot-rot-grüne Senat brauche nicht „über moderne Lernplattformen in Schulen philosophieren, wenn die technischen Voraussetzungen gar nicht gegeben sind“, erklärte Schlömer.
Dessen Fraktionskollege Paul Fresdorf, zuständig für den Bereich Bildung, ergänzte: „Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) muss einsehen, dass die groß angekündigte Schulbauoffensive und Sanierung einfach nicht vorankommt.“ Ziel müsse es sein, „dass die Schulen endlich für alle zu ordentlichen Lernorten und gleichzeitig Digitalisierungszentren gemacht werden“, forderte Fresdorf.
Mehrere hunderttausend Geräte müssten beschafft werden
Unterdessen nutzte Dirk Stettner, bildungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, den wohl auch nach den Sommerferien andauernden Ausnahmezustand an Berlins Schulen für einen erneuten Vorstoß in Sachen Digitalisierung. Er sprach sich wiederholt dafür aus, jeden Schüler und jeden Lehrer in der Stadt mit einem mobilen Endgeräten auszustatten.
Dafür müssten mehrere hunderttausend Geräte beschafft werden. Digitale Lern- und Lehrinhalte müssten in einer Schulcloud bereitgestellt, Weiterbildung für virtuelles Lehren stadtweit angeboten werden, fordert Stettner weiter. Er kündigte an, die CDU werde in den kommenden Tagen ein Konzept dazu vorstellen und kritisierte, Versäumnisse der vergangenen Monate und Jahre würden sich nun rächen. Stettner zufolge könnte die Schul- und Bildungspolitik am kommenden Donnerstag zum Thema der Aktuellen Stunde im Abgeordnetenhaus werden.