Nord-Süd-Tunnel: Berliner S-Bahnhöfe werden zu Museen
Für 1,6 Millionen Euro hat die Bahn sechs Bahnhöfe im Nord-Süd-Tunnel nicht nur putzen und streichen lassen, sondern hat auch historische Aufnahmen angebracht.
Auch das kann die Bahn: Aus tristen Stationen hat sie jetzt Anlagen zum Wohlfühlen geschaffen, die auch noch eine Zeitreise durch die Geschichte ermöglichen. Die sechs Stationen im Nord-Süd-Tunnel sind nicht nur sauber, sondern auch gleich noch kleine Kunstwerke geworden – mit Fotos zu ihrer Geschichte, die an Wänden oder in Vitrinen hängen. Am heutigen Donnerstag hat die Bahn das Ergebnis vorgestellt.
Vor wenigen Wochen hatte sie den Tunnel für ein Wochenende komplett geschlossen, um die Stationen gründlich reinigen und teilweise auch neu streichen zu können. Doch damit wollte sich der regionale Leiter des Bereichs Station und Service der Bahn, Friedemann Keßler, nicht zufrieden geben, wie er sagte. Ziel sei es gewesen, aus tristen Stationen Orte für einen angenehmen Aufenthalt zu machen. So entstand die Idee mit den Fotogeschichten. Sie stammen überwiegend aus der Historischen Sammlung der Bahn sowie aus Beständen der Gedenkstätte Berliner Mauer, der Stiftung Neue Synagoge-Centrum Judaicum, dem Deutschen Technikmuseum und der Agentur Ostkreuz.
Fotokunst auf Werbeflächen
Angebracht sind die Aufnahmen zum großen Teil auf ehemaligen Werbeflächen oder an den Wänden hinter den Gleisen sowie in bisher toten Nischen, die nun hell und freundlich wirken. Und neugierig machen. Die meisten Motive gibt es im Bahnhof Potsdamer Platz mit seinen zwei Bahnsteigen; zum Teil in nun wieder beleuchteten ehemaligen Werbevitrinen, die seit rund 20 Jahren leer vor sich hingegammelt hatten. Die Fotos zeigen die Geschichte der Mauer vorwiegend um den Potsdamer Platz.
Im Anhalter Bahnhof ist das „Reisen“ das Thema, am Brandenburger Tor geht es um die „repräsentative Stadt“, an der Friedrichstraße stehen die „Menschen“ im Mittelpunkt, an der Oranienburger Straße mit der benachbarten Synagoge heißt das Motto „Kunst & Kultur“, und im Nordbahnhof, der in der Nähe der Mauer-Gedenkstätte liegt, geht es um die „Geisterbahnhöfe“, durch die die – westlichen – S-Bahnen zu Mauerzeiten ohne Halt gefahren waren.
Nicht immer ist es einfach, die Bilder zeitlich zuzuordnen. Auf die Angabe des Aufnahmedatums habe man verzichtet, um nicht den Eindruck einer Ausstellung entstehen zu lassen, sagte die Bahnhistorikerin Susanne Kill. Auch weitere Erläuterungen fehlten deshalb.
Die Bahn hat sich die Verschönerungsaktion auch etwas kosten lassen: insgesamt hat sie fürs Putzen, Streichen und die Fotografien 1,6 Millionen Euro aufgebracht. Doch nun muss das Warten auf die Bahn auch nicht mehr langweilig sein. Es kann sogar Spaß machen. Und deshalb sollen weitere Stationen folgen. Der nächste Kandidat ist der Bahnhof Schönhauser Allee, wo die Bahn die Viaduktbögen verschönern will.