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Der Rechnungshof kontrolliert die Haushalts- und Finanzpolitik des Senats.
© Tobias Hase/dpa
Update

Vorstellung Jahresbericht: Berliner Rechnungshof rügt Schuldenkurs von Rot-Rot-Grün

Berlin hat 60 Milliarden Euro Schulden. Der rot-rot-grüne Senat treibe den Betrag noch in die Höhe, sagt der Rechnungshof. Er fordert eine Schuldenbremse in der Landesverfassung.

Der Landesrechnungshof ist nicht damit zufrieden, wie der Senat mit den Finanzen Berlins umgeht. Offenbar habe der Abbau von Schulden für Rot-Rot-Grün an Bedeutung verloren, sagte die Präsidentin des Rechnungshofs, Marion Claßen-Beblo, am Mittwoch. Ihrer Meinung nach hatte sich die alte Regel bewährt, dass 50 Prozent der Haushaltsüberschüsse in die Schuldentilgung fließen. SPD, Linke und Grüne haben sich davon allerdings verabschiedet. 2016 wurden nur noch 101 Millionen Euro Schulden abgebaut, obwohl am Jahresende fast 1,3 Milliarden Euro in der Kasse blieben.

Der Rechnungshof gibt zu bedenken, dass Berlin immer noch mit 59,4 Milliarden Euro verschuldet ist. Das sind 16.800 Euro je Einwohner. Nur Bremen und Schleswig-Holstein stehen schlechter da. Und der Abbau von Schulden, der seit 2011 gut vorankam, stagniert jetzt wieder. „Der Berliner Patient ist auf dem Weg der Besserung, aber noch längst nicht gesund“, fasste Claßen-Beblo die finanzielle Situation der Hauptstadt zusammen.

Rechnungshof will Schuldenbremse in Berlin

Der Rechnungshof fordert in seinem neuen Jahresbericht, dass die Schuldenbremse, die ab 2020 bundesweit gilt, auch in der Berliner Verfassung verankert wird. Oder doch wenigstens in einem Landesgesetz. Zwölf andere Bundesländer haben dies bereits getan.

Die obersten Rechnungsprüfer sehen es auch kritisch, dass der Senat immer mehr staatliche Aufgaben und deren Finanzierung auf landeseigene Unternehmen überträgt, die selbst Kredite aufnehmen dürfen. Etwa für die Schulsanierung, im Bereich der Krankenhäuser, bei der Messe und der Beschaffung von Schienenfahrzeugen. Diese zunehmenden Verflechtungen erhöhten die finanziellen Risiken des Landes „und die parlamentarische Kontrolle wird wegen fehlender Transparenz erschwert“.

Im neuen Jahresbericht knöpfen sich die obersten Rechnungsprüfer auch die Berliner Verwaltung vor. Angesichts steigender Einwohnerzahlen und zusätzlicher Aufgaben des öffentlichen Dienstes sei natürlich eine ausreichende Personalausstattung nötig. Aber der Senat soll mehr darauf achten, dass die Mitarbeiter effizient und an der richtigen Stelle eingesetzt werden. Dafür seien „sorgfältige Bedarfsanalysen“ und ein „gesamtstädtisches Management“ erforderlich.

Zu einem wirtschaftlichen Personaleinsatz gehört eigentlich auch eine moderne Informationstechnologie. Doch gebe es in der Verwaltung immer noch „sehr uneinheitliche IT-Verfahren“. Der Senat soll endlich, auf der Grundlage des E-Government-Gesetzes, eine einheitliche Steuerung der Geschäftsprozesse erarbeiten. In den vergangenen zehn Jahren sei dies nicht gelungen, rügt der Rechnungshof.

Berlin leistet sich die meisten Regierungsmitglieder

Zu alledem passt, dass sich Berlin im bundesweiten Vergleich immer noch die meisten Regierungsmitglieder und Staatssekretäre leistet. Es sind jetzt elf Senatsmitglieder und 24 Staatssekretäre. Schon 2007 und 2013, jeweils nach den Abgeordnetenhauswahlen, hatte der Rechnungshof diese üppige Ausstattung an der Spitze der Verwaltung kritisiert. Doch geändert hat sich daran nichts.

Die gesamten Leitungsbereiche (Büroleitung, Persönliche Referenten, Pressestellen und Öffentlichkeitsarbeit, Sekretariate) sind nach wie vor aufgebläht. Derzeit zählt der Rechnungshof in den Führungsstäben der Senatsbehörden insgesamt 163 Vollzeitstellen. Der Rechnungshof befürchtet, dass es im Laufe der Legislaturperiode noch mehr werden könnten. Nur Baden-Württemberg ist ähnlich großzügig, mit etwas Abstand gefolgt von Bayern und Nordrhein-Westfalen.

Jahresbericht des Landesrechnungshofes: zu teuer, zu schlecht, zu spät

PLANEN UND BAUEN

Der Rechnungshof kritisiert seit Jahren, dass neue Bauprojekte ohne eine gültige Bauplanung in den Haushaltsplänen veranschlagt werden. Jetzt hat er die Bauausgaben in Lichtenberg, Pankow, Reinickendorf und Treptow-Köpenick überprüft. Die Bilanz: Von 2008 bis 2015 gab es für 80 Prozent der Maßnahmen im Hoch-, Tief- und Landschaftsbau, die in den Bezirksetats standen, keine Bauplanungsunterlagen. Mit dem Ergebnis, dass nicht pünktlich gebaut werden konnte und die Gelder blockiert waren. Und was gebaut wurde, war deutlich teurer als geplant. Bei nachträglich erstellten Bauplanungen stiegen die Kosten um fast 50 Prozent im Vergleich zu den vorher geschätzten Summen.

KINDERSCHUTZ

Bei der Unterbringung unbegleiteter, minderjähriger Flüchtlinge hat die Jugendverwaltung des Senats nach Einschätzung des Rechnungshofes die gesetzlichen Vorschriften zum Schutz von Kindern und Jugendlichen missachtet. Die jungen Menschen seien in Hostels, Hotels oder Gästehäusern ohne die erforderlichen Betriebserlaubnisse untergebracht worden. Die sozialpädagogische Betreuung habe weit unter den üblichen Standards gelegen. „Dies gefährdet die Integration und birgt die Gefahr erheblicher Folgekosten.“ Mit einem administrativen Notstand könne dies nicht gerechtfertigt werden.

FINANZÄMTER

Steuerpflichtige müssen eigentlich vierteljährliche Vorauszahlungen leisten. Sobald ein Steuerbescheid vorliegt, sind Rück- oder Nachzahlungen fällig. In drei Finanzämtern hat der Rechnungshof hohe Nachzahlungen überprüft. Mit dem Ergebnis, dass die Vorbescheide oft falsch berechnet wurden. Dadurch seien Steuereinnahmen von 28 Millionen Euro mit durchschnittlich neun Monaten Verspätung vereinnahmt worden. za

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