Parteichef Lauer: Berliner Piraten diskutieren Abspaltung vom Bundesverband
Zerbrechen die Piraten am Streit der Parteiflügel? Landeschef Lauer spricht schon mal davon, ein Neustart könne "Energien wecken" – und nutzt die Gelegenheit für eine Spitze gegen seine Fraktionskollegen. Denn, so befindet Lauer: "Ein bisschen Schwund ist immer."
Zerstritten, irrelevant, schon beinahe vergessen: Dem Schicksal der Piratenpartei auf Bundesebene will der Berliner Landesverband am liebsten entgehen – aber wie? Nun debattieren die Mitglieder, ob sie sich von der Bundespartei abspalten sollen. Landeschef Christopher Lauer spricht schon mal davon, ein Neustart könne „Energien wecken“ – und nutzt die Gelegenheit für eine Spitze gegen seine Fraktionskollegen.
Auslöser der Diskussion sind die Ereignisse beim Bundesparteitag Ende Juni in Halle. Der linke Flügel, dem eine übergroße Mehrheit der Berliner Piraten angehört, erlitt eine vollständige Niederlage: Bei der Neuwahl des Parteivorstandes hatten ausschließlich Vertreter des sozialliberalen Flügels Erfolg. Der neue Bundesvorsitzende Stefan Körner aus Bayern gilt als politischer Intimfeind Lauers. Der Flügel um Körner will sich auf die sogenannten Kernthemen konzentrieren, von der Netzpolitik bis zu den Bürgerrechten, und die Piraten in erster Linie als liberale Partei positionieren. Der gegnerische Flügel will das gesamte politische Themenspektrum bearbeiten, streitet etwa für ein bedingungsloses Grundeinkommen – und fühlt sich in der linken bis linksradikalen Szene zu Hause. Der Kampf um Macht und Posten wird so erbittert ausgetragen, wie diese Positionen unvereinbar sind.
Fällt nun also auseinander, was eigentlich nie zusammengehörte? Es erscheint denkbar. Im Moment läuft im Berliner Liquid Feedback, der internen Meinungsbildungsplattform, eine Initiative zum Thema. Über eine Abspaltung abgestimmt wird aber noch nicht. Ziel ist es, den Landesvorstand damit zu beauftragen, die Rechtslage zu prüfen. Hat die Initiative Erfolg – womit zu rechnen ist –, will der Landesvorsitzende bei einem Staatsrechtler eine Expertise in Auftrag geben. Lauer rechnet damit, dass es eine Urabstimmung geben und zwei Drittel der Berliner Mitglieder einer Abspaltung zustimmen müssten. Denkbar ist auch ein anderes Modell: Die Linkspiraten könnten juristischem Streit entgehen, indem sie eine eigene Partei neu gründen. Von Lauer ist zu solchen Gedankenspielen kein Widerspruch zu vernehmen. Den Zustand der Bundespartei nennt er „desolat“. Und was würde aus der Berliner Fraktion? Die 15 Abgeordneten haben schon oft heftige Streits ausgetragen. Lauer, selbst Mitglied und Ex-Vorsitzender, sagt, es dürfe nicht passieren, dass es am Ende gar keine Fraktion mehr gebe. Heißt übersetzt: Sieben Abgeordnete – die Mindeststärke für eine Fraktion – müssten bei der Neugründung mitmachen. Da eine Mehrheit dem linken Flügel zuzurechnen ist, ist das nicht auszuschließen. Bei den übrigen Kollegen sorgt da eine Bemerkung Lauers womöglich nicht für Kooperationsbereitschaft. Er sagt nämlich: „Ein bisschen Schwund ist immer.“