Diskriminierung als „Perverse“: Berliner Party-Veranstalter kritisieren Polizei-Einsatz in der Alten Münze
Die Veranstalter der aufgelösten Party in Mitte verteidigen die Feier als regelkonform. Polizei und Medien hätten das Event als „Fetisch-Party“ stigmatisiert.
Nach der aufgelösten Party mit rund 500 Teilnehmern am vergangenen Samstagabend in Berlin-Mitte haben sich nun die Betreiber des Veranstaltungsorts Alte Münze zu Wort gemeldet. In einem Facebook-Post wehren sie sich gegen den entstandenen Eindruck, unbedacht die Corona-Vorschriften des Senats missachtet zu haben.
"An diesem Samstag fand im Innenhof der Alten Münze auf 3.500 Quadratmetern eine Open-Air-Veranstaltung statt, die den geltenden Hygienevorschriften des Landes Berlin entspricht", schreibt das Team der Alten Münze. "Es wurde kritisiert, dass der Mindestabstand trotz Maske nicht vollständig eingehalten wurde." Soziale Distanzierung und das gleichzeitige Tragen einer Maske im Freien gehörten jedoch nicht zu den geltenden Vorschriften für Veranstaltungen.
Das ist insofern korrekt, als dass die aktuellen COVID-19-Bestimmungen des Senats öffentliche Veranstaltungen im Freien mit bis zu 5000 Personen erlauben. Diese maximale Teilnehmerzahl gilt vorerst bis zum 31. Dezember 2020. Um 23 Uhr hätte die Party gemäß Sperrstunde beendet sein müssen, gegen 20.30 Uhr löste die Polizei das Geschehen auf, so dass diese Vorgabe nicht in Bedrängnis geriet.
Voraussetzung für die Erlaubnis von öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel ist, dass die Organisatoren die Einhaltung der geltenden Vorschriften gewährleisten. Sie müssen Anwesenheitslisten führen und ein Hygienekonzept, etwa über Zugangskontrollen und die Einhaltung der Abstandsregeln, beim Bezirk einreichen.
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"Seit dem 7. März haben wir keine Indoor-Tanz-Veranstaltung mehr abgehalten", schreiben die Betreiber der Alten Münze. Im Verlauf der Planungen sei es immer oberste Priorität gewesen, "die aktuellen Richtlinien zur Eindämmung des Coronavirus einzuhalten." Dafür lobten sie nach eigenen Angaben eine allgemeine Maskenpflicht aus, speicherten Kontaktdaten ab und stellten Spender mit Desinfektionsmittel auf.
Zudem beschäftigten sie neun Hygienekontrolleure, sieben Sicherheitsleute sowie zwei Reinigungskräfte. Am Eingang sei den Besuchern die Temperatur gemessen worden und Tickets habe es lediglich im Online-Vorverkauf gegeben. Sitzgruppen, in denen Besucher ihre Maske ablegen durften, waren auf fünf Plätze beschränkt.
Unterstützung bekommen die Betreiber der Alten Münze von den Grünen im Abgeordnetenhaus. "In dieser großen Location war das Open Air sicher nicht nach jedermanns Geschmack - aber legal", twitterte der clubpolitische Sprecher der Fraktion, Georg Kössler.
Zu viele Menschen auf zu engem Raum
Von der Berliner Polizei hingegen hieß es am Samstagabend: „Es waren einfach zu viele für zu wenig Platz." Die Menschen hielten sich den Angaben zufolge sowohl außerhalb als auch in der Alten Münze auf. Die Veranstaltung sei nur halb draußen gewesen, auf der Rückseite des Gebäudes, wo es zum Wasser gehe.
Laut Polizei wurden die Hygienemaßnahmen dort nicht erfüllt und Masken nicht getragen. Die Veranstalterin erwarte demnach ein Verfahren wegen Verstoßes gegen die Infektionsschutzverordnung.
Auch Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci äußerte sich am Montag im Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses zu dem Fall und forderte Konsequenzen. "Ich bin schockiert, dass es solche Partys noch gibt. Da haben einige den Schuss nicht gehört", sagte sie.
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Veranstaltet wurde die Party vom queeren Projekt Pornceptual. Die Aktivisten verteidigen sich nicht nur gegen den Vorwurf, die Auflagen missachtet zu haben, sondern werfen der Polizei auch Diskriminierung vor. Ein "Mitglied des Teams" habe vor Ort die Worte "ekelhaft und pervers" benutzt.
"Unsere Gäste wurden als Freaks und Gesetzlose behandelt und von der Polizei gedemütigt", schreibt Pornceptual in einem Statement. Das bewiesen auch die Schlagzeilen. "Während viele andere legale Open-Airs in Berlin geschlossen wurden, schafft es nur die 'Fetischparty' in die Medien und erweckt den Eindruck, Teil der Fetischszene zu sein, sei beschämend."
280 Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten
Wie der Tagesspiegel berichtet hatte, waren im Laufe des Samstags rund 1000 Polizisten im Einsatz, um die verschärften Corona-Regeln zu überprüfen. Am Samstagabend wurden rund 4000 Menschen kontrolliert, ob sie Mund-Nasen-Schutz tragen und sich an Abstandsregeln halten.
Mit 1000 von ihnen seien „Präventionsgespräche“ geführt worden, berichtete eine Polizeisprecherin am Sonntag. Zwischen 18 Uhr und 2 Uhr seien rund 280 Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet worden. Tagsüber waren es noch 23 Verfahren gewesen. Am Samstagabend wurden laut Polizei 51 Gaststätten und 14 Geschäfte kontrolliert.
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