Durchschnittsmiete steigt auf 6,79 Euro: Berliner Mietspiegel 2021 weist nur Teuerung von 1,1 Prozent aus
Im neuen Mietspiegel steigen die Mieten von 6,72 Euro auf 6,79 Euro je Quadratmeter. Vermieter akzeptieren das Zahlenwerk nicht – es ist mehrfach angreifbar.
An diesem Donnerstag erscheint in Berlin der "Mietspiegel 2021". Seit der Deckel von den Mieten geflogen ist, steigen die Mieten wieder. Dieser Anstieg ist in der neuen Übersicht aber noch gar nicht enthalten. Den sie gibt nur eine künstlich errechnete "ortsübliche Vergleichsmiete" an, indem sie den Mietspiegel 2019 einfach um die Teuerungsrate fortschreibt.
Die Miete ist demnach in den vergangenen zwei Jahren, statistisch gesehen, nur geringfügig gestiegen: nämlich um 1,1 Prozent. Der neue Mittelwert beträgt nun 6,79 Euro je Quadratmeter, im Mietspiegel 2019 lag er bei 6,72 Euro. Dies erfuhr der Tagesspiegel aus Senatskreisen.
Erstmals wird der Mietspiegel auch keine ortsübliche Vergleichsmiete mehr für einen Teil der Wohnungen vorgeben können: für Neubauten der Jahre 2018 und 2019. Denn diese Wohnungen waren noch nicht vermietet, als die zugrunde liegenden Stichproben für den neuen Mietspiegel 2021 erhoben wurden.
Dass sich der neue Mietspiegel 2021 weitestgehend auf den nun auslaufenden Mietspiegel 2019 stützt, liegt am Mietendeckel. Der Berliner Sonderweg zur Regulierung der Mieten, den das Bundesverfassungsgericht als "nichtig" außer Kraft setzte, ist schuld daran.
Denn staatlich gedeckelte Mieten dürfen nicht einfließen in die Stichproben, die zur Ermittlung ortsüblicher Mieten herangezogen werden. Deshalb gab es im gedeckelten Berlin keine Daten zur Erstellung eines vollständig "neuen" Mietspiegels. Die stattdessen erfolgte Indexierung des alten Mietspiegels ist allerdings zulässig.
Mietpreisbremse basiert auch auf dem Mietspiegel
Mit dem Mietspiegel begründet ein Vermieter eine Mieterhöhung, weil dieser die "ortsübliche Miete" abbilden soll. Und wer eine Wohnung mietet, orientiert sich ebenfalls am Mietspiegel, weil dieser seit der Einführung der "Mietpreisbremse" durch den Bund auch bei Neuvermietung die Obergrenze festlegt (ortsübliche Miete plus zehn Prozent).
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Der Mietspiegel wird auch oft zur Klärung von Streitfällen vor Gericht herangezogen. Allerdings wurde dieses Instrument zur Befriedung des Wohnungsmarktes wiederholt auch vor Gericht in Zweifel gezogen.
Streit um "qualifizierten" oder einfachen Mietspiegel
Wie die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen auf Anfrage mitteilte, wird der Mietspiegel 2021 als "qualifizierter Mietspiegel" betrachtet. Voraussetzung dafür ist etwa, dass er alle zwei Jahre nach wissenschaftlichen Grundsätzen erarbeitet und nicht mehr als einmal fortgeschrieben wird.
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Dies bestreitet indes der vom Bundestag zum Sachverständigen für die Mietspiegelreform benannte Steffen Sebastian: Bereits der Mietspiegel 2019 sei eine Fortschreibung des Mietspiegels 2017 gewesen, eine erneute Fortschreibung sei nur zulässig, wenn dieser dann als einfacher Mietspiegel bewertet werde. Die Vermieterverbände werden den neuen Mietspiegel trotzdem nicht unterschreiben, obwohl sie an dessen Erarbeitung beteiligt waren.
Angreifbar wird der neue Mietspiegel auch aus einem weiteren Grund sein: Bereits der Mietspiegel 2019 genügte "aus statistischer Sicht nicht den eigentlich geforderten wissenschaftlichen Ansprüchen", sagt der Sachverständige Sebastian.