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Wie soll man einem Erstklässler erklären, warum da Kerzen brennen und Blumen und Fotos liegen?“, sagt eine Mutter.
© Paul Zinken/dpa

Nach Mobbing einer Schülerin: Berliner Grundschule will Probleme lösen

Die Hausotter-Grundschule in Reinickendorf arbeitet an der Aufarbeitung des tragischen Vorfalls. Dabei sind jetzt auch die Eltern gefragt.

Der Tod einer Elfjährigen, die nach Aussagen von Elternvertretern an einer Berliner Grundschule offenbar gemobbt wurde und sich in der vergangenen Woche das Leben genommen haben soll, beschäftigt weiter viele Menschen. An der Hausotter-Grundschule in Reinickendorf hatte es – wie berichtet – nach Bekanntwerden des tragischen Ereignisses Gedenkveranstaltungen gegeben, bei denen Blumen niedergelegt und Kerzen angezündet wurden.

„Die Trauer ist groß“, sagt eine Mutter, deren Kind die erste Klasse der Schule besucht: „Und natürlich auch die Empörung, weil Mobbing und Gewalt offenbar ein riesiges Problem an unserer Schule darstellen. Es wird sehr schwierig, den richtigen Umgang damit zu finden, wenn in wenigen Tagen die Schule wieder los geht. Wie soll man einem Erstklässler erklären, warum da Kerzen brennen und Blumen und Fotos liegen?“

Auch die Eltern des verstorbenen Mädchens wünschen sich, endlich in Ruhe trauern zu können. „Das Problem ist, dass der tragische Verlust ihres Kindes zu einem Medienereignis geworden ist“, sagte die Vorsitzende der Gesamtelternvertretung (GEV) der Schule, Yeliz Demirel, dem Tagesspiegel: „Natürlich ist es auf der einen Seite ganz wichtig, dass die massiven Probleme, die es an der Schule zweifellos gibt, endlich gelöst werden. Aber dazu sind jetzt auch wir Eltern gefragt. Wir haben schon ein Krisenteam gebildet.“

Wohnung der Eltern seit Tagen von Kamerateams belagert

Yeliz Demirel wies auch darauf hin, dass das Entfernen der Blumen und Kerzen in der vergangenen Woche nicht auf Betreiben der Schulleitung geschah, sondern weil die Eltern des Mädchens, deren Wohnung seit Tagen von Kamerateams belagert wird, darum gebeten hatten.

Diese richteten am Dienstagabend auch einen Appell an die Pressevertreter, wie die Senatsverwaltung für Bildung mitteilte. „Als Familie, die um ihre verstorbene Tochter trauert, bitten wir die Medien darum, die öffentlichen Spekulationen über die Umstände des Todes unserer Tochter zu beenden“, heißt es da: „Durch diese Berichterstattung fühlen wir uns in unseren Persönlichkeitsrechten und unserer Privatsphäre verletzt. Wir haben unser Kind verloren und wünschen uns, endlich in Ruhe und ohne mediale Aufmerksamkeit in der Familie trauern zu können. Bitte respektieren Sie diesen Wunsch.“

Die Eltern seien jetzt in ständigem Kontakt mit der Schulleiterin, sagt Yeliz Demirel. Die wolle wohl am heutigen Mittwoch einen Trauerraum im Schulgebäude einrichten – nicht um das Gedenken von der Straße zu verbannen, sondern um die Bitte der Eltern zu erfüllen und die Schüler zu schützen.

Staatsanwaltschaft: Derzeit kein Anfangsverdacht für Straftat

Isabella Heuser, Direktorin der Klinik und Hochschulambulanz für Psychiatrie und Psychotherapie am Campus Benjamin Franklin der Berliner Charité, findet das sehr sinnvoll. „Wenn die Kinder jeden Morgen an Kränzen und Kerzen vorbei laufen müssen, kann das sehr für manche schrecklich sein. Besonders Schüler, die selbst gemobbt wurden, könnten retraumatisiert werden.“ Viel wichtiger sei es, dass die Schulleiterin gleich zu Beginn des Unterrichts eine Versammlung mit Eltern, Lehrern und Schülern einberufe, in dem sie unmissverständlich klar mache, dass Mobbing, aber auch jede andere Art von psychischer und physischer Gewalt an dieser Schule nicht mehr stattfinden werde. „Und das sollte in jedem Fall geschehen, unabhängig davon, ob der Tod des Mädchens etwas mit Mobbing zu tun hatte“, sagt Isabella Heuser.

Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte, es gebe „wegen des Todes einer 11-jährigen Schülerin – vermutlicher Suizid – ein Todesermittlungsverfahren von Amts wegen, in welchem – unter Auswertung des Ergebnisses der noch vorzunehmenden Obduktion – geprüft wird, ob strafrechtlich relevantes Fremdverschulden auszuschließen ist. Derzeit besteht kein Anfangsverdacht für eine Straftat.“

Konfliktlotsen sind Schüler der sechsten Klasse

Für die Öffentlichkeit müsse dies auch keine große Rolle mehr spielen, sagt Isabella Heuser. „Wichtiger ist, aufmerksam und achtsam zu sein. Wir wissen, dass Suizide die zweithäufigste Todesursache bei Kindern und Jugendlichen sind. Deshalb sollte man bei begründetem Verdacht sein Kind ruhig darauf ansprechen, ob es schon einmal solche Gedanken gehabt habe. Für viele Kinder ist dies sogar eine Erleichterung.“

Die Senatsbildungsverwaltung hat der Hausotter-Schule inzwischen Hilfe angeboten. Manche Eltern kritisieren, dass dies viel zu spät komme oder dass man bisher immer auf sogenannte Konfliktlotsen verwiesen habe. „Das sind Schüler der sechsten Klasse“, erzählt ein Vater: „Mein Sohn hat das gemacht und mehr als einmal Prügel bezogen. Das sind doch selbst nur Kinder, die einspringen sollen, wenn sogar die Lehrer wegschauen.“

Andere Eltern berichten hingegen von guten Erfahrungen mit der Hausotter-Grundschule. „Wir haben die schlimmen Vorwürfe erst gar nicht glauben wollen, aber vielleicht liegt es daran, dass unsere Kinder in einem anderen Gebäude untergebracht sind“, erzählt die Mutter eines Zweitklässlers: „Wir haben fast geweint, als die Klassenlehrerin wegging, weil die so beliebt war. Aber die neue hat die Herzen der Kinder auch schnell wieder erobert.“

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