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Lässt bauen, aber nicht von Genossenschaften, beklagen diese - Sebastian Scheel (Die Linke), Stadtentwicklungssenator
© Christoph Soeder/dpa

Brandbrief an den Senator: Berliner Genossenschaften fühlen sich bei der Vergabe von Bauland benachteiligt

Sie bekommen oft nur Restflächen. Nun hat ein Bündnis einen Brandbrief an den Bausenator Sebastian Scheel geschrieben.

Er werde auch die Genossenschaften unterstützen, um den Neubau anzukurbeln, hatte der Senator für Wohnen Sebastian Scheel (Linke) kurz nach Amtsantritt versprochen. Bei der Ankündigung ist es geblieben.

In einem Brandbrief hat sich nun das „Bündnis Junge Genossenschaften“ an Scheel gewandt und warnt vor dem Ende der „zarten Ansätze geförderten genossenschaftlichen Wohnungsbaus in Berlin“. Bereits im Oktober hatten die Genossenschaften einen ersten Brief an den Senator geschickt – doch der reagiert nicht.

Damit bleibt Scheel der Linie seiner Vorgängerin treu - und lässt diese wichtige Gruppe von Bauherren links linken; dabei sind diese spezialisiert auf die Schaffung des dringend benötigten günstigen Wohnraums.

Denn einer Genossenschaft kann jeder beitreten und er erhält nach einiger Wartezeit Zugang zu Wohnungen, deren Mieten teils weit unter dem sonst am Markt Üblichen liegen.

Nur Restflächen, die keiner haben will, für die Genossenschaften

Dennoch gehen die Genossenschaften bei der Vergabe landeseigener Bauflächen leer aus oder bekommen nur Angebote für Restflächen, die nicht mal landeseigene Wohnungsunternehmen bebauen wollen. Die sechs städtischen Gesellschaften werden von der links geführten Verwaltung bevorzugt bedient. Weil laut Senat rund 170.000 Wohnungen fehlen in der Stadt und desshalb inzwischen vor allem junge Familien und somit Steuerzahler ins Umland abwandern, fordern die CDU–Fraktion und auch die mitregierenden Grünen, dass auch die Genossenschaften unterstützt werden bei der Schaffung von Wohnraum.

Doch der Senat will kein Bauland mehr verkaufen. Und außerdem hat die Verwaltung noch die Bedingungen für die Vergabe von Grundstücken in Form von Erbpacht so gestaltet, dass der Neubau für Genossenschaften unwirtschaftlich ist.

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„Das Erbbaurecht schränkt nicht nur die Verfügungsgewalt über Grundstück und Gebäude ein, es mindert auch deren Beleihungswert, so dass nur wenige Kreditinstitute zur Finanzierung solcher Vorhaben bereit sind“, schreiben die Sprecher der Jungen Genossenschaften Ulf Heitmann und Andreas Barz dem Senator.

Ohne Geld von Banken baut niemand Wohnungen. Und dass die Banken mit der Finanzierung von Genossenschaften zögern, liegt auch an einer weiteren Beschneidung der Konditionen im Erbbaurecht: Statt der üblichen Vertragslaufzeit von 90 Jahren bietet Berlin die „Leihgrundstücke“ nur noch für die Dauer von 60 Jahren an.

„In diesem Zeitraum sind die Herstellungskosten des Gebäudes so gerade eben refinanziert“, sagen die Genossenschaftler. Hinzu kämen ungünstige Voraussetzungen für eine Verlängerung der Verträge nach Ablauf der 60 Jahre, die „äußerst unbefriedigend für die Erbbaurechtsnehmer“ seien.

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Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen gibt anderen die Schuld: „Die Senatsverwaltung für Finanzen ist für Liegenschaften und Konzeptverfahren verantwortlich.“ Zurzeit seien drei Konzeptverfahren unter anderem für Genossenschaften ausgeschrieben sowie acht Verfahren für 2021 angekündigt.

Das Erbbaurecht beginne mit der Eintragung im Erbbaugrundbuch und ende 90 Jahre nach dem Tag der Beurkundung. Eine Verlängerung des Erbbaurechts nach Zeitablauf sei möglich.

Nur Versprechungen, schon vor drei Jahren

Nur: Vor drei Jahren hatte bereits Scheels Vorgängerin Katrin Lompscher versprochen, den Genossenschaften 20 Grundstücke des Landes anzubieten.

Und dass die landeseigene Grundstücksgesellschaft BIM Erbbaurechtsverträge – wie in den Exposés versprochen – für 90 Jahre vergibt, davon sei in Verhandlungen nichts zu hören.

Im Gegenteil, laut Genossenschafts-Sprecher Heitmann scheitere an dieser Frage die Unterzeichnung eines Pachtvertrages mit der POI-Genossenschaft über ein Grundstück für den Bau von 15 Wohnungen in der Brandenburgischen Straße. Auch hier biete die BIM wiederum nur einen Vertrag für die Dauer von 60 Jahren.

Auch bei anderen Vergaben, bei denen nicht der höchste Preis, sondern das beste Konzept etwa für den Bau von Wohnungen zu niedrigen Mieten entscheidet, seien immer 60 Jahre Laufzeit für die Pacht festgelegt.

Recht habe die Verwaltung für Stadtentwicklung aber darin: Es brauche eine einheitliche klare Regelung zur Gestaltung von Erbbaurechts-Verträgen – und dafür brauche es wohl Richtlinien der Senatsverwaltung für Finanzen.

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