Lockerungen in der Corona-Krise: Berliner Gastronomen fühlen sich vom Senat ignoriert
Müller stellt Lockerungen für die Gastronomie ab Mai in Aussicht. FDP-Fraktionsvorsitzende Czaja attestiert ihm mangelndes Vertrauen in die Bürger.
Die von der Coronakrise schwer getroffenen Berliner Gastronomen haben sich enttäuscht über die Verordnung des Berliner Senats zu ersten Lockerungen geäußert. Die rot-rot-grüne Koalition habe der Branche keinerlei Perspektive gegeben, es gebe keinen Hinweis auf einen „Soft-Opening-Termin“, kritisierte der Hauptgeschäftsführer des Berliner Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga, Thomas Lengfelder.
„Die andauernden Corona-Beschränkungen werden zu einer noch nie da gewesenen Pleitewelle in unserer Branche führen.“ Sollte es nicht schnell zu weiteren umfangreichen Soforthilfen kommen, die nicht zurückzuzahlen seien, „wird es zu einer Flut von Arbeitslosen kommen“.
Am Dienstag hatte der Berliner Senat erste Lockerungen für die Wirtschaft und das öffentliche Leben in der Coronakrise beschlossen. Restaurants und Kneipen bleiben ebenso wie Diskotheken aber weiterhin zu. „Wir werden die Letzten sein, die aus dem derzeitigen Regiment von Kontaktsperren und Betriebsschließungen entlassen werden, so wie wir die ersten waren, die schon zu Beginn des Monats März am härtesten getroffen wurden“, teilte Lengfelder weiter mit.
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Zu der Frage, wann es auch für Gaststätten Lockerungen geben könnte, äußerte sich am Mittwochmorgen der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) im RBB-Inforadio. Er zeigte Verständnis für die Probleme der Branche, verwies jedoch darauf, dass erst einmal die Auswirkungen der ersten Lockerungen beobachtet werden müssten, ehe über weitere Maßnahmen entschieden werden könne.
Auch Müller betonte aber: „Die Gastronomen dürfen nicht die Letzten sein, an die man denkt.“ Er hoffe, dass in einer zweiten Phase Lockerungen auch für Restaurants und Cafés möglich seien, vielleicht im Mai, wollte aber keine Versprechungen machen.
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Der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Sebastian Czaja, hält die Lockerungen des Senats nicht für ausreichend. Den Gastronomen müsse die Möglichkeit gegeben werden, Gäste im Freien zu bewirten. „Mir erschließt sich überhaupt nicht, dass wir die Außengastronomie nicht öffnen, insbesondere da jetzt tausend Gastronomen in Berlin vor der Insolvenz stehen“, sagte Czaja am Mittwochmorgen im RBB-Inforadio.
Es gehe in Berlin nicht ums Oktoberfest, sondern die Außenbereiche von Gaststätten – dort sei es durchaus möglich, Tische mit Abstand zu platzieren. Schon zu Beginn der Krise hätten Gastronomen das in ihren Lokalen gut gelöst. „Man muss es eben erproben und zulassen“, sagte Czaja, „und man muss eben auch das Zutrauen in die Gastronomen, aber auch in die Berlinerinnen und Berliner haben – und das hat der Regierende Bürgermeister offenbar nicht.“ (mit dpa)