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Auf einer Liste sind von 90 Unterkünften rund 30 als zweckentfremdet eingestuft, in 22 Fällen liegt zumindest ein Verdacht vor.
© Britta Pedersen/dpa

Unterbringung von Obdachlosen: Berliner Bezirke umgehen Verbot für Ferienapartments

Sozialämter quartieren Obdachlose in zweckentfremdeten Wohnungen ein. Für die Vermieter ist das ein gutes Geschäft. Wie lange noch?

Der Kampf gegen die Zweckentfremdung von Wohnungen beschäftigt die Bezirke seit Jahren. Stadtweit 60 Beamte kümmern sich darum, das 2012 beschlossene Verbot von Ferienwohnungen und spekulativem Leerstand durchzusetzen – bislang mit mäßigem Erfolg, weil Vermieter und Vermittler das Gesetz vor Gericht zu Fall bringen wollen. Nun wird deutlich, dass die Bezirke selbst das Verbot unterlaufen.

Es kursieren „rote Listen“ mit zweckentfremdeten Wohnungen, die von bezirklichen Sozialämtern zur Unterbringung von Obdachlosen, darunter viele Flüchtlingsfamilien, angemietet werden. Gezahlt wird dabei nach Tagessätzen von rund 25 Euro. Je nach Belegung kommen da schnell ein paar tausend Euro pro Monat zusammen. Auf einer in Mitte geführten Liste sind von 90 Unterkünften rund 30 als zweckentfremdet eingestuft, in 22 Fällen liegt zumindest ein Verdacht vor. Die Wohnungen wurden von allen übrigen Bezirken angemietet.

„Es gibt mehrere Listen, das geht unentwegt hin und her“, sagt Gernot Klemm (Linke), Sozialstadtrat von Treptow-Köpenick. Von 600 privaten Unterkünften fielen rund 300 unter das Verbot. Man sei aber dabei, die „Schwarzen Schafe“ auszusortieren, es gebe schon massive Beschwerden von Vermietern, die keine Belegung mehr bekommen.

Die Containerdörfer und MUFs reichen nicht aus

In Tempelhof-Schöneberg ist das Problem ebenfalls bekannt, Stadträtin Jutta Kaddatz (CDU) sieht es aber als behoben an. „In der Vergangenheit wurden durchaus hin und wieder Personen in zweckentfremdeten Wohnungen untergebracht.“ Jetzt werde genauer geprüft; „zwischenzeitlich kann eine Neubelegung von zweckentfremdeten Wohnungen nahezu ausgeschlossen werden.“ Stattdessen würden Pensionen und Hostels belegt.

Die aussortierten „Schwarzen Schafe“ können sich jetzt wieder der Vermietung an Feriengäste zuwenden, denn wegen einer erfolgreichen Klage gegen das Verbotsgesetz sind den Bezirken derzeit die Hände gebunden. Gleichzeitig profitieren die Hostel- und Pensionsbetreiber, die in der Flüchtlingskrise 2015 Tagessätze bis zu 50 Euro kassieren konnten. Mittes damaliger Sozialstadtrat Stephan von Dassel (Grüne) prangerte diese Praxis vehement an. Der Senat antwortete mit dem Bau von Containerdörfern und Modularen Unterkünften (MUfs), doch die Kapazitäten reichen längst nicht aus.

Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) will die Unterbringung von Obdachlosen künftig zentral im Landesamt für Flüchtlinge managen. Dadurch soll verhindert werden, dass Flüchtlingsheime teilweise leerstehen, während für deutsche Obdachlose keine Unterkünfte mehr gefunden werden.

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