Kuriose Folge des Mietendeckels: Berliner bekommen künftig zwei Mietpreise genannt
Am Sonntag soll der Mietendeckel in der Hauptstadt in Kraft treten. Einfach wird die neue Regelung erstmal nicht: Das Gesetz zwingt zu doppelten Abrechnungen.
Ab Sonntag gilt der Mietendeckel – und mit ihm wird das ohnehin schon komplizierte Mietrecht noch etwas undurchsichtiger.
Denn die meisten Mieter werden künftig zwei Mietpreise genannt bekommen: den nach Bundesrecht und Bürgerlichem Gesetzbuch möglichen, also die bisherige Miete. Außerdem die künftig niedrigere, weil gedeckelte Miete, auf deren geringere Höhe das Land die Vermieter in Berlin verpflichtet.
Eine entsprechende Empfehlung gibt der Verband Haus und Grund seinen Mitgliedern, wie das Info-Radio zuerst meldete. Zuvor hatte bereits Berlins größter Wohnungsverband BBU eine ähnlich lautende Empfehlungen an Vermieter gegeben.
Haus-und-Grund-Vorstand Carsten Brückner sagte dem Tagesspiegel: „Wir haben es künftig mit zwei Mieten zu tun, einer bundesgesetzlich vereinbarten und einer landesrechtlich geschuldeten“. Tatsächlich fällig sei künftig die per Mietendeckel abgesenkte Miete. Da der Deckel aber nur fünf Jahre gültig sei, sei danach die bundesgesetzliche Miete fällig – inklusive der in der Zwischenzeit zulässigen Mieterhöhungen nach Bundesrecht.
Doppelte Mietenbuchhaltung
An Sticheleien ist es Brückner mit seiner Empfehlung nicht gelegen. Im Gegenteil, die Vermieter stünden sonst – ohne diese doppelte Mietenbuchhaltung – nach Auslaufen des Mietendeckels ohne rechtssichere Mietforderung da.
Und der Verband müsste sich dann fragen lassen, warum er davor nicht gewarnt hatte. Hinzu kommt, dass der Mietendeckel auch am Bundesverfassungsgericht scheitern könnte – CDU und FDP reichen eine Klage gegen Berlins staatliche Mietobergrenzen in wenigen Wochen ein. Dank doppelter Mietenbuchhaltung behalten Vermieter und Mieter die nicht gedeckelte Miete jederzeit im Auge.
„Haus und Grund“ warnt vor kräftigeren Mieterhöhungen
„Wir empfehlen Wohnen-Senatorin Lompscher deshalb auch dringend, den Mietspiegel fortzuschreiben, wenn sie Mietern etwas Gutes tun will“, sagt Brückner. Denn die bundesgesetzliche und bis zur Einführung des Deckels gültige Miete wird anhand des Berliner Mietspiegels 2019 errechnet. Hinzu kommen die Regeln der bundesrechtlichen Mietpreisbremse, die Mieterhöhungen auf 15 Prozent in drei Jahren begrenzt.
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Der Mietspiegel 2019 läuft im Jahr 2021 aus. Sollte kein neuer Mietspiegel aufgestellt werden, würden Vermieter künftig die Erhöhung der Mieten nach Bundesrecht anhand von Vergleichswohnungen vornehmen – und das lasse weitaus kräftigere Mieterhöhungen zu, warnte Brückner.
Lompscher fordert Mieter auf, Differenzbetrag zur Seite zu legen
Die Fortschreibung der virtuellen bundesrechtlichen Miete dürfte auch für den Fall eines Scheiterns des Deckels an den Verfassungsrichtern in Karlsruhe wichtig sein, um die in der Zwischenzeit entgangenen Mieten zurückzufordern.
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Wohnen-Senatorin Lompscher hatte wiederholt Mieter dazu aufgefordert, den eingesparten Differenzbetrag zwischen gedeckelter und nicht gedeckelter Miete nicht auszugeben sondern zur Seite zu legen für den Fall, dass das Gesetz scheitert.
Auch Berlins größter Wohnungsverband BBU unterscheidet in seinen Info-Briefen an Mieter in zwei Mieten: die „zulässige Nettokaltmiete“ und eine „für den Zeitraum der Gültigkeit“ des Mietendeckels abgesenkte Miete.