Zum Brückentag: Berlin, wo sind deine schönsten Brücken?
Gut 2000 Brücken gibt es in Berlin. Im Alltag vieler Leute spielen sie eine große Rolle. Wir haben mit Berlinern auf ihrer Lieblingsbrücke gesprochen.
Ob hässlich oder malerisch, alt oder neu – Brücken ersparen Umwege und führen sicher über Straßen, Bahntrassen, Spree und Havel. Doch nur eine Handvoll Brückentage ermöglichen den direkten Sprung ins verlängerte Wochenende. Für diese vier Berliner, die wir im Mai 2015 interviewt haben, ist dagegen fast jeder Tag ein Brückentag. Deshalb veröffentlichen wir heute ihre Protokolle nochmal.
Warschauer Brücke, Friedrichshain
Cumali Karabulut, 29 Jahre
„Seit etwa sechs Jahren arbeite ich schon im Späti direkt auf der Brücke. Hier ist immer Betrieb, da hat sich nichts verändert, nur die Touristen werden ständig mehr. Der Job macht mir Spaß, ich bin mitten auf der Partymeile, es ist nie langweilig, die Zeit vergeht ruckzuck. Wenn Leute herumschreien oder mit Bierflaschen werfen, wird es mir manchmal aber auch zu viel. Einmal haben sich zwei vollgedröhnte Jungs auf der Brücke ausgezogen, sind splitternackt hin- und hergelaufen, bis die Polizei kam. Vor ein paar Monaten gab es an unserem Stand sogar einen bewaffneten Raubüberfall.
Gekauft wird vor allem: Bier, Bier und Bier. Das geht schon morgens los, wenn alle betrunken aus den Clubs kommen und noch Durst haben. Aber spätestens 2017 ist Schluss. Denn dann wird der S-Bahnhof neu gebaut und die Spätis auf der Brücke müssen weg. Das wird mir fehlen, wir hatten eine gute Zeit.“
Brücke zur Insel Eiswerder, Spandau
Miró Deniselle, 30 Jahre
„Gerade komme ich vom anderen Havelufer aus der Paintballhalle, da muss ich natürlich über die Brücke, um nach Hause zu kommen. Das ist meine Gegend, ich bin gebürtiger Spandauer und werde immer hier bleiben. Früher hatte ich auf Eiswerder meinen Proberaum und wenn mich meine Freundin mal wieder rausgeschmissen hat, habe ich oft im Spaß gesagt: Na gut, da ist ja immer noch meine Insel. Die Insel Eiswerder hat sich aber ziemlich verändert, es gibt neue Bewohner und alles ist ruhiger geworden.aß gesagt: Na gut, da ist ja immer noch meine Insel. Die Insel Eiswerder hat sich aber ziemlich verändert, es gibt neue Bewohner und alles ist ruhiger geworden.
Bis vor einigen Jahren gab es noch die Disko ,Starlight‘ – die hat leider dichtgemacht, weil es ständig Stress gab, auch mal Messerstechereien. Ursprünglich war auf der Insel vor allem Industrie angesiedelt, jetzt gibt es einen Instrumentenbauer und eine Tanzbar, in der ich manchmal als Musiker auftrete. Ansonsten ist hier rund um die Brücke nicht mehr viel los.
Am Ufer grillen wäre schön, aber das ist leider verboten. Drüben an der Brücke zur Zitadelle passiert viel mehr, da kommen alle Leute nach Konzerten, Feuerwerken und nach dem Hafenfest zusammen.“
Jungfernbrücke, Mitte
Frieda Gripp, 38 Jahre
„Ich wohne gleich in einem Aufgang auf der östlichen Seite der Brücke. Vor drei Jahren bin ich aus Hamburg für die Arbeit nach Berlin gezogen, nun gehe ich fast jeden Tag mindestens zwei Mal über die Jungfernbrücke. Als älteste Brücke von Berlin zieht sie Touristen an, die an den schweren Ketten Liebesschlösser hinterlassen.
Ich finde das ein bisschen schade und sinnlos, weil die dann immer wieder mit lauten Werkzeugen entfernt werden – und das soll ein Symbol für die Liebe sein? Mein Schloss würde ich sicher woanders anbringen. Die Brücke an sich ist aber wunderschön. Ich hätte es gern mal gesehen, wie sie hoch- und runtergeklappt wird, so wie es ursprünglich war.“
Elsenbrücke, Alt-Treptow
Klaus Eschke, 72 Jahre
„Ich bin fast jeden Tag zum Angeln hier. Man fängt nicht besser als anderswo, aber die Brücke ist von meiner Wohnung aus bequem zu erreichen. Außerdem treffe ich hier immer Kumpels, mit denen ich mich gut unterhalten kann. Jetzt vor dem Saisonstart fange ich Aale, die beim Gewitterwetter der letzten Tage besonders aktiv waren. Erst ab dem 1. Juni ist es wieder erlaubt, Zander zu fangen. Daran halte ich mich, denn auf dem Uferweg patrouilliert die Wasserschutzpolizei in Zivil, weil das Schwarzangeln überhandgenommen hat.
Als kleiner Junge habe ich hier 1951 mit dem Angeln angefangen – nicht aus Spaß, sondern weil ich wie alle anderen Hunger hatte. Da wurde wirklich jeder Fisch mitgenommen und wenn kein Fett dran war, sodass man sie braten konnte, wurden die trockenen Dinger geräuchert. Fische aus der Spree schmecken nicht schlecht, auf jeden Fall frischer als aus dem Laden.“