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Die Polizei wird die Sperrstunde wohl noch eine Weile kontrollieren müssen - sie soll bis Mitte November gelten.
© Paul Zinken/dpa-Zentralbild/dpa

Sperrstunde bis Mitte November, weniger Gäste bei Veranstaltungen: Berlin will die Corona-Regeln verschärfen und verlängern

An diesem Dienstag berät der Senat über neue Infektionsschutz-Regeln. Es wird verschärfte Einschränkungen geben – einen Lockdown aber nicht.

Der rot-rot-grüne Senat in Berlin will die Infektionsschutzverordnung ein weiteres Mal überarbeiten und Änderungen einpflegen. Ein Entwurf für die nunmehr neunte Fassung des Gesetzes liegt dem Tagesspiegel vor. Der Senat tagt am Dienstag.

In der überarbeiteten Verordnung steht, dass die Sperrstunde und das Verbot, Alkohol auszuschenken zwischen 23 und 6 Uhr bis zum 16. November ausgeweitet werden soll. Bisher hatten die Anordnungen nur eine Gültigkeit bis zum 31. Oktober. Alle anderen Vorgaben in der Verordnungen laufen sowieso erst am 31. Dezember aus.

Darüber hinaus konkretisiert der Entwurf die Regelungen zu Maskenpflicht auf belebten Straßen. Sie soll nicht für "fahrzeugführende Personen" gelten. Ergänzt werden soll eine Klarstellung, dass die Maskenpflicht nicht für Roller-, Motorrad- und Fahrradfahrer gilt.

In der Kreuzberger Bergmannstraße etwa hatte die Polizei am vergangenen Samstag nicht nur Fußgänger kontrolliert, sondern auch Radfahrer ohne Maske angehalten und damit Irritationen verursacht.

Es wird außerdem erwartet, das der rot-rot-grüne Senat die Maßnahmen nicht nur verlängert und konkretisiert, sondern auch ein wenig verschärft.

Der Senat will etwa die Zahl der Gäste bei Veranstaltungen reduzieren. Zurzeit dürfen drinnen 1000 und draußen 5000 Menschen feiern. Die Obergrenzen sollen gesenkt werden. Ein Vorschlag der Gesundheitsverwaltung gab dem Vernehmen nach eine Obergrenze von 500 im Freien und 300 drinnen vor. Es wird auch erwartet, dass es weitere Einschränkungen für Sportveranstaltungen gibt.

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Am Montag wurde in der Staatssekretärsrunde zur Vorbereitung der Senatssitzung über keine Zahlen zu den Gäste-Grenzen gesprochen. Es ist eher wahrscheinlich, dass die rot-rot-grüne Landesregierung den von Freitag auf Mittwoch vorgezogenen Corona-Gipfel der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel abwartet und dann die geltenden Obergrenzen ändert.

Dabei soll es Ausnahmen geben zum Beispiel für Veranstaltungsorte, die zum Beispiel Be- und Entlüftungssysteme nachweisen können.

Gesundheitssenatorin stimmt Berliner auf strengere Regeln ein

Bevor die Landesregierung am Dienstag über die überarbeitete Infektionsschutzregeln berät, hat Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) die Berliner schon auf neue Beschränkungen eingestimmt. Sollte es bei anhaltend hohen Ansteckungszahlen bleiben, kämen Maßnahmen aus „einem Stufenplan“ infrage, sagte Kalayci am Montag im Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses.

Wie berichtet, hatte die Gesundheitsverwaltung in einem internen Plan neben den Status-Quo-Maßnahmen zwei Stufen verzeichnet. Während derzeit und in der geplanten Stufe 1 der Aufenthalt „im Freien zwischen 23 Uhr und 6 Uhr des Folgetages nur mit bis zu fünf Personen oder Personen aus zwei Haushalten“ erlaubt ist, steht unter Stufe 2: „Aufenthaltsgebot in der Wohnung“, wovon nur wegen „triftiger Gründe“ abgewichen werden darf.

In Stufe 2 soll zudem eine „Mund-Nasen-Bedeckung im Freien“ verpflichtend sein. Erwartet wird, dass der rot-rot-grüne Senat am Dienstag allenfalls Aspekte der Stufe 1 einleitet.

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Erst am Wochenende waren neue Beschränkungen in Kraft getreten: Seitdem gilt eine Maskenpflicht für Märkte, Warteschlangen, Einkaufscenter und zehn belebte Straßen in mehreren Bezirken. Zudem gelten noch strengere Obergrenzen für private Zusammenkünfte: Draußen dürfen sich noch 25 statt 50 Menschen zu einer Feier treffen, drinnen nur Angehörige eines Haushalts mit fünf weiteren Gästen.

In Berlin stieg die Zahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche auf mehr als 130. Damit liegt Berlin massiv über dem Schwellenwert von 50 Fällen. Gesundheitssenatorin Kalayci sagte, dass es trotz der kritischen Lage möglich sein müsse, Angehörige in Senioren- und Pflegeheimen zu besuchen.

Darauf hatten auch die Amtsärzte der Bezirke gedrängt. Ziel müsse sein, den Schutz der Patienten und Beschäftigten sowie das Recht auf Besuche „in Einklang zu bringen“, sagte Kalayci, etwa durch Hygienekonzepte.

Der Senatorin zufolge sollen die neuen Corona-Schnelltests dabei helfen. Das Land Berlin habe Hunderttausende dieser Tests bestellt, sie würden in dieser Woche in Krankenhäusern und Pflegeheimen eingesetzt. Womöglich können bald nicht nur Mitarbeiter, Patienten und Bewohner der Einrichtungen, sondern auch Besucher getestet werden.

FDP-Gesundheitsexperte hält Senatsbeschlüsse für „nutzlose Maßnahmen“

Kritik am Vorgehen des Senats gab es am Montag aus der Opposition. Der FDP-Gesundheitsexperte Florian Kluckert sagte nach der Ausschusssitzung, der Senat habe die Kontrolle verloren und zuletzt „nutzlose Maßnahmen“ beschlossen.

„Ein Beispiel für sinnlose Beschlüsse des Senats ist die Anordnung, dass man eine Maske auf dem leeren Kudamm am Sonntag beim Spazierengehen tragen muss, während ein konsequentes Vorgehen gegen Maskenmuffel in der BVG bis heute nicht erfolgt“, teilte Kluckert mit. Statt flächendeckend Heizpilze für die Terassen zu erlauben, zwinge Rot-Rot-Grün die Restaurantbesucher in überfüllte Gaststätten.

Zudem würden Kontaktpersonen zweiten Grades nach wie vor nicht isoliert, sagte der FDP-Politiker. Kluckert sagte: „Sollte infolgedessen ein Lockdown beschlossen werden, wäre das allein auf das Versagen des Berliner Senats und dem Erlass falscher Entscheidungen der letzten Wochen zurückzuführen.“

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