Innenverwaltung korrigiert Abgeordnete: Berlin war an Sammelabschiebung nach Afghanistan nicht beteiligt
Immer wieder streitet die Berliner Politik über Abschiebungen nach Afghanistan. Fünf Menschen wurden dorthin seit Dezember abgeschoben. Diesmal jedoch nicht.
Berlin ist nach Angaben der Senatsverwaltung für Inneres nicht an der Abschiebung von 20 Männern aus Deutschland nach Afghanistan vom Hauptstadtflughafen BER beteiligt gewesen. Das erklärte Martin Pallgen am Tag nach dem Start des Flugzeugs vom BER auf Tagesspiegel-Anfrage. Niemand der Abgeschobenen sei aus der Hauptstadt gewesen.
Die Maschine mit den Abgeschobenen, die am Mittwochabend in Schönefeld gestartet war, landete am Donnerstagmorgen in der Hauptstadt Kabul, wie Beamte am Flughafen der afghanischen Hauptstadt der Deutschen Presse-Agentur sagten. Es war die 38. Sammelabschiebung seit dem ersten derartigen Flug im Dezember 2016.
Am Mittwoch hatten die Grünen-Abgeordnete Susanna Kahlefeld und der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Niklas Schrader, im Tagesspiegel und anderen Berliner Medien kritisiert, dass es laut Koalitionsvertrag keine Abschiebungen aus Berlin nach Afghanistan geben dürfe.
Die Innenverwaltung hat dazu eine andere Auffassung. „Dem Senat ist bewusst, dass in Afghanistan eine prekäre humanitäre Lage vorherrscht. Abschiebungen werden daher – auch im Vergleich zu einigen anderen Bundesländern – nur sehr eingeschränkt durchgeführt.“ Es würden ausschließlich „Straftäter, Gefährder oder Personen, die sich der Identitätsfeststellung hartnäckig verweigern“ dorthin abgeschoben, teilte Pallgen am Mittwoch auf Tagesspiegel-Anfrage mit.
Auf konkrete Fragen des Tagesspiegel, ob und wie viele Menschen aus Berlin sich in dem Flugzeug befinden, wollte sich die Innenverwaltung vor dem Abflug nicht äußern. Sie wies die Informationen aber auch nicht zurück. Erst nach dem Flug teilte die Innenbehörde mit, dass niemand aus Berlin in dem Flugzeug gewesen sei.
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Wie es zu der Falschinformation kommen konnte, ließ sich am Donnerstag auch durch die Abgeordneten Kahlefeld und Schrader nicht aufklären. Der Tagesspiegel hatte für die Information verschiedene, voneinander unabhängige Quellen. Der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Niklas Schrader, sagte: „Das Grundproblem bleibt, dass Berlin Menschen in Kriegsgebiete abschiebt.“
Laut einer Antwort der Innenverwaltung auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Kahlefeld wurden seit Dezember 2020 fünf Menschen in das Land abgeschoben. Alle fünf seien „wegen erheblicher Gewaltdelikte verurteilt“, teilte die Innenverwaltung mit.
19 der 20 abgeschobenen Afghanen waren Straftäter
Am Mittwochabend hatten nach Polizeiangaben rund 350 Demonstranten am Terminal 5 des Hauptstadtflughafens BER in Schönefeld gegen die Abschiebung protestiert. Ein Teil von ihnen blockierte dabei Zufahrtsstraßen, ein anderer Teil gelangte nach Angaben der Polizei auf das Betriebsgelände. Der Protest endete nach dem Abflug der Maschine Richtung Kabul.
An der Abschiebung seien neben Hamburg auch Brandenburg, Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen beteiligt gewesen, teilte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums dem Evangelischen Pressedienst am Donnerstag in Berlin mit. Nach bisherigen Angaben der Bundesländer seien 19 der 20 abgeschobenen Afghanen Straftäter gewesen. An der Rückführungsmaßnahme seien mehr als 75 Bundespolizisten beteiligt gewesen. (mit dpa)