Erstaufnahmeeinrichtung in Wünsdorf: Berlin und Brandenburg streiten um Flüchtlinge
Aus Berlins Turnhallen sollten 1.000 Menschen nach Brandenburg umziehen. Doch jetzt stehen die getroffenen Vereinbarungen auf der Kippe. Diskutiert wird vor allem ums Geld.
Zerwürfnisse zum Thema Landesgrenze blockieren die geplante Unterbringung von Flüchtlingen aus Berlin im brandenburgischen Wünsdorf (Teltow-Fläming). Der Berliner Senat versucht offenbar, die grundsätzlich getroffenen Vereinbarungen mit Brandenburgs Landesregierung aufzuweichen. Dabei es geht es ums Geld und um die Frage, welche Flüchtlinge Berlin nach Brandenburg schicken will. Offenbar sei die Notlage in Berlin bei der Unterbringung von Flüchtlingen etwa in Turnhallen doch nicht mehr so groß wie noch vor Monaten, hieß es aus Kreisen der Landesregierung in Potsdam.
Ursprünglich hatten Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (beide SPD) nach monatelangen Verhandlungen Ende Mai verkündet, dass ab Juli 2016 bis zu 1.000 Flüchtlinge aus Berliner Erstaufnahmeeinrichtungen nach Brandenburg umziehen – auch wenn Berlin rechtlich weiter zuständig für sie bleibt. Es wäre die erste entsprechende Vereinbarung zweier Bundesländer überhaupt. Müller hatte erklärt, dass bei etwa 70.000 Flüchtlingen in Berlin das Ziel sein müsse, die Menschen aus den Turnhallen herauszubekommen. Woidke wiederum wollte die Vereinbarung ohne Lücken festzurren, um spätere Irritationen auszuschließen.
Irritationen in Kostenfragen
Doch genau das ist jetzt der Fall. Der vorab im Detail besprochene Entwurf der Verwaltungsvereinbarung liegt seit 8. Juli beim Berliner Senat, und der will nun noch einmal nachverhandeln. Statt der verabredeten mehr als 30 Euro pro Tag und Flüchtling will Berlin, konkret Sozialsenator Mario Czaja (CDU), jetzt nach Tagesspiegel-Informationen nur noch einen Tagessatz von 24 Euro tragen. Dabei hatte Woidke kürzlich erst klargestellt, dass Brandenburg für Berliner Flüchtlinge, die in Brandenburg unterkommen, nicht draufzahlen werde. Berlin müsse die kompletten Kosten übernehmen.
Irritationen gibt es auch bei der Frage, wen Berlin nach Wünsdorf schicken will. Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) hat nun damit gedroht, die Vereinbarung mit Berlin platzen zu lassen. Konkret kritisierte Schröter Berlins Pläne, vor allem allein reisende Männer in Wünsdorf unterzubringen. Brandenburgs Hilfeleistung sei „kein Angebot, um dem Berliner Senat aus der Patsche zu helfen“, sagte der Innenminister. „Vielmehr wollen wir Menschen unterstützen, die von den schwierigen Bedingungen in Berliner Unterkünften besonders betroffen sind. Und das sind in erster Linie Kinder.“ Es könne nicht sein, dass Familien mit Kindern in Berliner Turnhallen oder sonstigen Behelfseinrichtungen leben müssten, während allein reisende Männer, denen man mehr Unannehmlichkeiten zumuten könne, „in unserer neu eingerichteten, kinderfreundlichen Erstaufnahmeaußenstelle in Wünsdorf untergebracht werden“.
Alleinreisende Männer oder Familien?
Dem RBB bestätigte die Berliner Sozialverwaltung, dass vor allem allein reisende Erwachsene nach Wünsdorf geschickt werden sollen. Denn die Flüchtlingskinder gingen in Berlin bereits zur Schule. Um Familien zu schicken, müsste die Betreuung der Kinder sichergestellt sein. Schröter entgegnet nun, in Wünsdorf 1.000 Männer unterzubringen, komme für ihn nicht infrage. Wünsdorf sei als Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung mit sehr großem Aufwand familienfreundlich hergerichtet worden. „Es gibt dort Spielzimmer und Spielplätze sowie Unterrichtsräume. Auch die psychologische Betreuung ist speziell auf Familien ausgerichtet“, sagte Schröter „Deshalb haben wir Berlin gebeten, dort überwiegend Familien unterzubringen.“ Nach Angaben des Innenministers wird in dem ausgehandelten Entwurf für eine Verwaltungsvereinbarung konkret vorgeschlagen, dass höchstens 30 Prozent der von Brandenburg aus Berlin aufgenommenen Flüchtlinge Alleinreisende sein sollen.
Brandenburg hatte im Zuge der Flüchtlingskrise die Zahl der Plätze in der Asylerstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt massiv ausgebaut und acht Außenstellen geschaffen. Insgesamt ist jetzt Platz für 4.500 Flüchtlinge, untergebracht sind derzeit an allen Standorten 1.500 Asylbewerber.