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Charlottenburg flippt aus. Das Berliner Prinzenpaar, Prinz Eddi I. und Prinzessin Katharina I., haben sich hübsch gemacht, es ist ja der 11.11. 11.11 Uhr. Zeit, um mal wieder das Rathaus zu stürmen.
© dpa

Karneval in Berlin: Berlin tut sich schwer mit dem Karneval

Karneval in Berlin - das ist die kulturelle Anstrengung einer unterdrückten Minderheit. Wer sich dabei zu originell verkleidet, kriegt es schon mal mit dem Ordnungsamt zu tun. Eine Glosse

Dass Satire – außer zur Beschädigung von Einschaltquoten und Abonnenten-Treue – prinzipiell den Jagdschein für Alles kriegt, hatten wir schon. Aber gilt das auch im Karneval? Entschuldigt der humoristische Freibrief billige Schmäh: gegen Berlins Karnevalisten, die doch in diesem unserem kunterbunten Stadtstaat speziellen Pluralismus-Schutz genießen als a) diskriminierte Minderheit und b) aktuell bedrohte Mutbürger für Demo- und Meinungsfreiheit?!? Bleibt Spöttern nicht jedwede Antifa(schings)-Häme im Halse stecken, wo am Sonntag bereits der Braunschweiger Karneval, dieser folkloristische Fremdheitsstachel, seine Prozession durchs indigene norddeutsche Traditionsambiente aufgrund von Gewaltandrohung abblasen musste?

Eine Unwillkommenskultur für missachtete Ethnie

Das hiesige Saison-Opening im Charlottenburger Schloss mit Prinz Peter V. und Prinzessin Christina I. am 11. November 2014 hat beim Berliner Muffelpublikum so wenig Eindruck hinterlassen wie die Absage der Narrenumzüge mangels Sponsoren. Vor den Augen der Weltöffentlichkeit profiliert sich der Olympia-Aspirant Berlin leider durch eine zunehmend praktizierte Unwillkommenskultur für die missachtete Ethnie: was man auf der Senats- Homepage mit angestrengtem Faschingsverstehen („Jedes Jahr erobern kostümierte Menschen die Straßen“) und mundartlicher Anbiederung („Berlin, Heijo!“) vergeblich zu überspielen sucht.

3D-Verkleidung als Hotdog gewünscht

Während wir in der Redaktion noch, politisch korrekt, am Grübeln sind, ob eine erneute Beömmelung übers daniederliegende märkische Narrenwesen nicht dasselbe wäre wie ein totes Kotelett zu treten, erreicht uns der Bericht eines verstörten Vaters vom Schulweg seines närrisch gelaunten Sprösslings. Das gute Kind hatte darauf bestanden, zur Rosenmontagsfete im Klassenraum als Hotdog zu gehen, worauf es seiner Mutter mit Schaumstoff und farbigen Textilien gelungen war, eine 3D-Verkleidung zu schneidern, in der sich ihr Sohn der Länge nach gerade so auf die KfZ-Rückbank fläzen konnte. Beim Stopp am Kreisverkehr, berichtet der Erziehungsberechtigte, sei plötzlich eine Uniformierte, wohl vom Ordnungsamt, dem zivilen Nachbarauto entstiegen und nach scharfem Blick durchs Fenster mit dem Ruf „Das gibt auf jeden Fall eine Anzeige!“ ans Steuer zurückgekehrt.

Gilt die avisierte Fahndung nun vermuteter Kinderarbeit? Versäumter Anschnallpflicht hinten? Oder dem personifizierten Schweinswürstel, das Menüregeln zweier Weltreligionen potentiell provoziert? War die Uniformierte etwa: militant-vegan? Kostümiert? Satire darf etwas, o.k., aber bei „Je suis Ordnungsamt“, das wissen traumatisierte Parkplatzsucher, hört der Inklusionsspaß auf.

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