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Vor den Bussen, wie hier am Columbiadamm in Kreuzberg, bildeten sich oft lange Schlangen.
© Wolfgang Kumm/dpa

Rotes Kreuz ärgert sich über Senat: Berlin stellt Impfbus-Angebote ein – Fahrzeuge nicht winterfest

Der Senat zieht die Doppeldecker fürs mobile Impfen aus dem Verkehr. Das Deutsche Rote Kreuz weist Kritik an der Organisation zurück.

Stundenlanges, oft vergebliches Anstehen in der Kälte, kurzfristig abgesagte Termine, zu wenig Impfdosen, keine Standheizung. Die Doppeldecker-Impfbusse des Senats sollten der nüchternen Impfkampagne ein sympathischeres Image verleihen – als zusätzliche, wohnortnahe Möglichkeit, sich unkompliziert gegen das Virus immunisieren zu lassen.

Doch das mobile Angebot mit vier Bussen, die durch die Kieze touren, endete im organisatorischen Chaos. Der Senat zog jetzt die Reißleine, die Impfbusse werden aus dem Verkehr gezogen.

Moritz Quiske, Sprecher der Senatsverwaltung für Gesundheit, nennt dafür nur einen triftigen Grund: Dem Deutschen Roten Kreuz (DRK), das die Impfbusse koordiniert, sei es nicht gelungen, winterfeste Fahrzeuge einzusetzen.

Das wies das DRK zurück: „Der Senat hatte uns beauftragt, Impfbusse zu organisieren, die lediglich im Monat Oktober betrieben werden sollten. Auf Bitten der Senatsverwaltung haben wir sie dann auch im November weiter eingesetzt. Bei der Entscheidung für die Impfbusse war allen Beteiligten bewusst, dass es sich um eine Maßnahme handeln würde, die zeitlich klar begrenzt sein würde. Von einem Wintereinsatz war nie die Rede“, sagte DRK-Sprecher Karsten Hintzmann. Eben weil die Busse keine Standheizungen hätten und es finanziell nicht möglich sei, welche einzubauen.

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In den sozialen Medien gab es viel Kritik, dass die Impfbusse mit zu wenig Impfdosen ausgestattet seien. Im Vergleich zu Arztpraxen seien die Busse völlig ineffizient.

DRK: Busse hatten immer genug Impfstoff

Bei der Impfaktion einer Arztpraxis in Altglienicke seien an einem Wochenende rund 1500 Corona-Impfungen vorgenommen worden, ohne Anmeldung und mit kurzer Wartezeit. Der mobile Impfbus des Senats hat maximal 150 Impfdosen dabei.

Hintzmann weist auch diese Kritik zurück. Die Impfbusse hätten immer genug Impfdosen zur Verfügung gehabt. Ein Impfbus mit zwei Impfteams solle laut Planung nur sechs Stunden lang impfen. „Die Impfbusse haben begrenzte Kapazitäten. Sie wurden für eine Phase der Impfkampagne konzipiert, als die Impfbereitschaft stockte und es galt, möglichst jeden einzelnen Impfwilligen zu finden und zu erreichen.“

Die Impfstrategie müsse sich angesichts des großen Impfbedarfs ändern. „Kleine Einsätze wie Impfbusse helfen in der jetzigen Phase nicht mehr.“ Jetzt sollten alle Kräfte gebündelt werden, um große Impfzentren und Impfstationen auf die Beine zu stellen.

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Die mobilen Impfteams blieben ebenfalls weiter im Einsatz, für ausgewählte Orte wie zum Beispiel Hochschulen oder Einkaufszentren, sagte Hintzmann. Dass die Impfbusse manchmal zu spät kamen, oder gar nicht, habe daran gelegen, dass der Senat die Standorte kurzfristig verändert habe – „sei es, weil kein Strom zur Verfügung stand oder kein Parkplatz vorhanden war“, sagte Hintzmann.

Die Absagen erreichten dann oft nicht mehr rechtzeitig die Impfwilligen. Besonders betroffen war Treptow-Köpenick, wo es ohnehin zu wenig impfende Ärzte und kein eigenes Impfzentrum gibt.

Eine Leserin des Leute-Bezirksnewsletters hatte berichtet, dass ihr Lebensgefährte schon zwei Stunden vor dem angekündigten Booster-Termin in Schöneweide gewartet habe, um dann über Umwege zu hören, dass der Bus nach Spandau beordert worden war.

Das Bezirksamt hatte davon viel zu spät erfahren, außerdem war der zuständige Mitarbeiter krank, so blieb eine Mitteilung an die Öffentlichkeit aus. Rund 300 Menschen warteten vergeblich. Einen Tag zuvor war dem Impfbus schon nach wenigen Stunden der Impfstoff ausgegangen, alle Wartenden wurden nach Hause geschickt.

Menschen standen stundenlang in der Kälte

Am Dienstag kam es zu langen Wartezeiten an einem Impfbus in Mitte. Um halb neun am kühlen und regnerischen Dienstagmorgen hätten an der Wilhelmstraße schon rund neunzig Menschen gewartet, berichtete eine Frau, die sich ihre Booster-Impfung abholen wollte, dem Tagesspiegel. Die Ärzte im Bus hätten angekündigt, dass es nur achtzig Impfplätze gebe und die Wartezeit bis zu zwei Stunden betrage. Die älteren Impflinge seien bevorzugt worden, erzählt die Frau. Sie habe sich mit anderen Wartenden abgesprochen, zwischendurch Socken gekauft und bessere Handschuhe – „es war so kalt, irgendwann waren wir alle klatschnass“. Nach dreieinhalb Stunden sei sie endlich an der Reihe gewesen, dann ein kleiner Schock: Die Ärztin habe ihr gesagt, dass es nur eine halbe Dose Moderna gebe als Booster. Sie hatte mit Biontech gerechnet. „Ich frage mich, warum sagt uns das keiner vorher? Ich bin geschockt über die Ineffizienz der Organisation.“

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