Finanzpolitik: Berlin soll raus aus den Schulden
Der Finanzsenator Matthias Kollat-Ahnen will mehr Geld in die Tilgung von Krediten stecken – auch aus rechtlichen Gründen.
Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) will den Abbau der öffentlichen Schulden stärker vorantreiben. „Wenn die Chance besteht, sollten wir wieder stärker in die Tilgung von Krediten gehen“, sagte er am Donnerstag bei der Vorstellung der neuen Finanzplanung für Berlin bis 2021. Er erwartet, dass sich die rot-rot-grüne Koalition schon für dieses Jahr darauf verständigen kann. Der Senator ist „mehr als nur leicht optimistisch“, dass dies auch gelingt.
Anfang dieses Jahres betrug die Schuldenlast des Landes Berlin noch 59,4 Milliarden Euro. Das sind rund 46 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Senator Kollatz-Ahnen hofft, diese Schuldenquote in den nächsten fünf bis sieben Jahren auf 30 Prozent drücken zu können. Ihm geht es darum, Berlin – finanzpolitisch gesehen – „als ganz normales, durchschnittliches Bundesland zu positionieren“. Es gab auch andere Zeiten. Finanz-Staatssekretär Klaus Feiler erinnerte daran, dass sich Berlin vor gar nicht so langer Zeit in einer extremen Haushaltsnotlage befand, eine Klage für mehr Geld von Bund und Ländern vom Bundesverfassungsgericht 2006 jedoch erbarmungslos abgeschmettert wurde.
Überschüsse seit 2012
„Damals hat doch niemand geglaubt, dass wir es aus eigener Kraft schaffen, zumal ein Jahr später die weltweite Finanzkrise begann.“ Doch seit 2012 produziert der Landeshaushalt regelmäßig Überschüsse, die großenteils für die Entschuldung des Landes eingesetzt wurden. Seitdem konnten fast drei Milliarden Euro des Schuldenberges abgetragen werden. Allerdings werden die Tilgungen seit zwei Jahren auf Sparflamme gesetzt, um mehr Geld für öffentliche Investitionen zur Verfügung zu haben. Rot-Rot-Grün zeigte bisher wenig Interesse am Schuldenabbau, am wenigsten die Linken. Im vergangenen Jahr wurden trotz glänzender Haushaltszahlen nur noch 137 Millionen Euro in die Entschuldung gesteckt.
Jetzt scheint sich eine Wende anzubahnen. Der Finanzsenator geht davon aus, dass Ende dieses Jahres über 300 Millionen Euro für die Tilgung von Krediten eingesetzt werden. In einem Prognosebericht seiner Verwaltung steht sogar, dass „Tilgungen von 437 Millionen Euro möglich werden“. Es gibt auch finanzrechtliche Gründe, die für eine stärkere Entschuldung sprechen: Die hohen Haushaltsüberschüsse resultieren hauptsächlich aus üppigen Steuereinnahmen – und diese wiederum aus der guten Wirtschaftslage. Konjunkturell bedingte Überschüsse müssen aber, nach den Kriterien des Stabilitätsrates von Bund und Ländern, herausgerechnet werden. Wenn man das tut, hat Berlin seit 2014 ein zunehmendes „strukturelles Defizit“, das die Grenzen des Erlaubten schon bald überschreiten könnte.
Gesetzlich verankerte Schuldenbremse
Kollatz-Ahnen spricht zwar etwas abschätzig von „verquasten Formeln“, aber sie gelten nun mal. Jedenfalls bis 2020, ab dann greift die grundgesetzlich verankerte Schuldenbremse. Viele Bundesländer haben diese Schuldenbremse schon in ihre Verfassungen oder in Landesgesetze übernommen. Rot-Rot-Grün hinkt hinterher. Der Finanzsenator kündigte aber jetzt an, dass der Senat im Herbst 2018 einen Entwurf für eine Schuldenbremse vorlegen will, die in der Landeshaushaltsordnung verankert werden soll.
Berlin hat Glück – wie der Bund und die anderen Länder auch. Die Zinsen sind immer noch extrem niedrig, wenn auch mit leicht steigender Tendenz. Trotz der gigantischen Last, die Verschuldung je Einwohner beträgt in Berlin rund 16 600 Euro, sind die Zinsausgaben von knapp 1,4 Milliarden Euro jährlich zu verkraften. Weil niemand genau weiß, was in den nächsten Jahren am Kreditmarkt passiert, baut der Finanzsenator vor und nimmt möglichst langfristige Anleihen auf. Inzwischen mit Laufzeiten von bis zu 20 Jahren, zu einem durchschnittlichen Zinssatz von einem Prozent.
Das schafft einen guten Puffer, wenn das Geld auf den Finanzmärkten wieder teurer wird. Denn Risiken lauern überall. Zwar geht die neue Finanzplanung bis zum Ende der Wahlperiode von jährlichen Überschüssen aus. Doch wenn die nächste Bundesregierung tatsächlich eine Steuerreform umsetzt, die den Namen verdient, gingen Berlin jedes Jahr Einnahmen von mehreren hundert Millionen Euro verloren.
Ulrich Zawatka-Gerlach
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