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Demontration für Klimanotstand in Berlin.
© DAVIDS/Frank Lehmann

Anhörung zum Klimanotstand: „Berlin kommt beim Klimaschutz 20 Jahre zu spät“

Bis 2030 muss Berlin klimaneutral sein, fordern Aktivisten. Der Umweltausschuss ist über die "Notlage" mehrheitlich einig. Doch was folgt daraus?

Von Laura Hofmann

Es war ein Moment, so emotional, wie man ihn in Ausschüssen des Abgeordnetenhauses selten erlebt. Bei der Anhörung der Volksinitiative "Klimanotstand Berlin" im Umweltausschuss sagte die Unternehmerin und Umweltaktivistin Milena Glomboviski, sie glaube nicht, dass ihr Sohn, der im Jahr 2100 erst 82 Jahre alt sein wird, sich dafür entscheidet, Kinder zu bekommen.

Weil die Erde dann kein lebenswerter Ort mehr sein werde. Falls nicht rasch drastische Maßnahmen gegen die Klimakrise ergriffen werden.

Damit stießen sie und die anderen Aktivisten bei den Abgeordneten auf viel Zustimmung, fraktionsübergreifend (bis auf die AfD) bestätigten die Ausschussmitglieder, dass der Zustand des Weltklimas den Begriff "Notstand" verdiene. Auch wenn sich die Koalition bereits auf das Wording "Notlage" verständigt hat.

Berlins Klimaschutzziele seien nicht mit dem Pariser Abkommen kompatibel, betonte Moritz Ellenberg von der Volksinitiative. Der Senat hat sich vorgenommen, Berlin bis spätestens 2050 klimaneutral zu machen. Ob das gelingt, ist eine andere Frage. Doch damit "kommt Berlin 20 Jahre zu spät", sagte die Aktivistin Luise Neumann-Cosel.

Linke fordert Wärmegesetz, SPD einen höheren CO2-Preis und eine Klimaprämie

Nur ein klimaneutrales Berlin und Deutschland bis 2030 würden sicher dazu beitragen, eine Erderwärmung von mehr als 1,5 Grad Celsius zu verhindern, da ist sich die Wissenschaft weitgehend einig. Die Aktivisten kritisierten, dass der Senat bisher nicht genug tut, um die Klimakrise aufzuhalten. "Wer die Klimanotlage anerkennt und nicht lügen möchte, der muss die Klimaziele anpassen und ausreichende Maßnahmen beschließen, um diese Ziele zu erreichen", sagte Neumann-Cosel.

Rückendeckung bekam sie dafür vor allem von Linken und Grünen. Michael Efler (Linke) forderte ein Wärmegesetz, das den Einsatz erneuerbarer Energiequellen vorschreibt. Vor ordnungsrechtlichen Maßnahmen dürfe die Politik angesichts der drohenden Klimakatastrophe nicht länger zurückschrecken.

Georg Kössler von den Grünen kritisierte vor allem die Regierungsarbeit. Es könne nicht sein, dass die Politik immer noch über einzelne Parkplätze und Radwege streite, statt die Innenstadt komplett autofrei zu machen. Er kritisierte außerdem, dass man es auch im neuen Haushalt nicht geschafft habe, in allen Bezirken Klimaschutzmanager einzusetzen. "Eigentlich bräuchten wir eine Super-Umwelt-Klima-Senatsverwaltung mit Durchgreifungskompetenzen", so Kössler.

Der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz schloss sich der Grünen-Forderung nach einer Solarpflicht für Neubauten an. Außerdem forderte er einen höheren CO2-Preis, kombiniert mit einer „Klimaprämie“, ähnlich wie sie Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) möchte.

Auch CDU will beim Klimaschutz "schneller und besser werden"

Danny Freymark (CDU) sagte, Berlin müsse "schneller und besser" beim Klimaschutz werden, er regte eine Enquete-Kommission an, in der Fachleute, Politiker und Bürgerinnen und Bürger konkrete Maßnahmen diskutieren. Dieser Vorschlag wurde jedoch von den anderen Fraktionen und den Aktivisten abgelehnt.

"Wir haben kein Erkenntnisproblem", kommentierte Efler. "Sondern ein Umsetzungsproblem". Eine Enquete-Kommission verzögere die Umsetzung der Klimaziele lediglich, sagte Henner Schmidt (FDP).

Umweltsenatorin Regine Günther (Grüne) zeigte sich erfreut über die Rückendeckung aus dem Parlament. Sie hoffe, dass der Senat am Dienstag mit einem Beschluss die Klimanotlage anerkenne. Daraus müssten dann konkrete Maßnahmen folgen. Die SPD hatte einen Maßnahmenkatalog schon mit dem Beschluss gefordert. Das lehnen die Grünen ab, weil es die Anerkennung der Klimakrise verzögern würde.

84 Kommunen in Deutschland haben bereits den Klimanotstand ausgerufen, ebenso das Europaparlament. Die Volksinitiative Klimanotstand Berlin hatte 43.000 Unterschriften gesammelt.

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