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Kein Interesse: 2700 Stellen stehen nur 1850 Referendare gegenüber.
© S. Kahnert/dpa

Schuljahr 2018/2019: Berlin findet nicht mal genug Referendare fürs Lehramt

Beim Pädagogennachwuchs sind hunderte Stellen offen. Eine "Giftliste" zur Rückholung abgeordneter Lehrer alarmiert auch Wissenschafts-Staatssekretär Krach.

Der Lehrermangel nimmt immer größere Ausmaße an, und es gibt keine Aussicht auf Besserung – im Gegenteil. Dem Vernehmen nach nimmt die Zahl der Bewerber für ein Lehrerreferendariat weiter ab. Aktuell sind von 2700 regulären Plätzen nur 1850 besetzt. Dies teilte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) auf Anfrage mit. Zur Bewerberlage für das Schuljahr 2018/19 nannte die Bildungsverwaltung am Donnerstag keine Zahlen. Man sei „bei der Bearbeitung der Rückmeldungen“.

Offenbar ist die Lage kritisch. Darauf deutet nicht nur die Tatsache, dass der Bewerbungsschluss verlängert wurde. Vielmehr berichten auch Leiter von Fach- und Hauptseminaren, dass geplante Gruppen mangels Referendaren gestrichen werden. Schon im August 2017 hätten von knapp 1450 Referendarsplätzen nur 600 besetzt werden können, berichtet GEW-Referent Matthias Jähne. Die Bildungsverwaltung habe den Fehler gemacht, zu lange zu wenig Nachwuchs eingestellt zu haben. Jähne erinnerte daran, dass Lehramtsabsolventen oft jahrelang auf einen Referendarsplatz hätten warten müssen. Es sei zu spät aufgestockt worden.

Es wurden kaum Grundschullehrer ausgebildet

Das Gleiche gilt für die Studienplätze: Bis 2016 wurden kaum Grundschullehrer in Berlin ausgebildet. Die Folge war, dass 2016 den rund 1000 offenen Grundschulstellen nur 175 ausgebildete Bewerber gegenüberstanden. Der Grundschullehrermangel ist nach wie vor das größte Problem. Allerdings fehlen auch zunehmend Fachlehrer in den Oberschulen.

Wie am Donnerstag berichtet, hat Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) erstmals seit Beginn ihrer Amtszeit 2011 die Befürchtung geäußert, dass es – trotz der Einstellung von Quereinsteigern – noch nicht klar ist, ob zum August alle benötigten rund 2100 Lehrer gefunden werden. „Ich sage ganz deutlich, es wird schwierig, alle Stellen zu besetzen“, lautete ihr Ausblick gegenüber dem Tagesspiegel. Um doch noch die Lücken zu füllen, wird überall in der Stadt nach Lehrern gefahndet, die nicht unterrichten, weil sie an andere Institutionen „abgeordnet“ wurden. Zurzeit kursiert eine entsprechende "Giftliste".

Es geht auch um Stellen an den Universitäten

In diesem Zusammenhang könnten auch Lehrer zurückgeholt werden, die an der Freien Universität und an der Humboldt-Universität in der Lehrerausbildung mitwirken. Diese erwogene „Rückholaktion“ hatte bereits zu Protesten der Universitäten geführt, über die der Tagesspiegel berichtete.

Daraufhin meldete sich am Donnerstag der Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung, Steffen Krach (SPD) zu Wort. Er sagte dem Tagesspiegel, dass er „natürlich“ davon ausgehe, dass die Bildungsverwaltung die Idee eines Abzugs der Lehrkräfte mit den Universitäten beraten habe. Die abgeordneten Lehrkräfte seien „ein extrem wichtiger Teil der Lehrkräftezentren an den Universitäten“. Gerade jetzt, „wo wir den deutlichen Ausbau der Lehrkräftebildung endlich beschlossen haben und diesen gemeinsam mit den Universitäten vorantreiben, darf es keine erschwerenden Randbedingungen geben“, lautet die Mahnung Krachs, der bis 2016 Staatssekretär bei Scheeres war. Wenn man jetzt den Universitäten diese Lehrer wegnähme, „wäre dies sehr kurzfristig gedacht, damit schneiden wir uns ins eigene Fleisch.“

Kritisiert wird in der Koalition auch Scheeres’ Überlegung, wegen des Lehrermangels die beschlossene Stundenentlastung für Quereinsteiger nur schrittweise umzusetzen.

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