Maßnahmen zum Klimaschutz: Berlin braucht ein Erneuerbare-Wärme-Gesetz
Berlin sollte Hauseigentümer dazu verpflichten, beim Heizungstausch auch Solarenergie zu nutzen, sagt der klimapolitische Sprecher der Grünen. Ein Gastbeitrag.
Rekordhitze bei uns! Flammen im Amazonas! Der Permafrost taut! Eigentlich hat es alles das nicht gebraucht, um uns noch einmal vor Augen zu führen, wie real die existenzielle Klimakrise ist.
Mit dem Paris-Abkommen sind wir auch schon verpflichtet, die Erderwärmung auf möglichst nur 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Dazu müssen wir unsere Treibhausgasemissionen drastisch reduzieren. Mit dem Kohleausstieg, dem Mobilitätsgesetz oder dem geplanten Solargesetz geht Rot-Rot-Grün erste wichtige Schritte.
Das große Problem der Energiewende bleibt aber die Wärmegewinnung. Das Ziel ist klar: Wir müssen weniger Heizenergie verbrauchen und die nötige Wärme komplett klimaneutral erzeugen. Angesichts steigender Kosten für Öl und Gas ist ein Umstieg auf Erneuerbare Energien in sozialer Hinsicht dringend geboten. Die „zweite Miete“ steigt sonst immer weiter an.
Wenn wir die Erneuerbaren schneller ausbauen, Ölheizungen verschrotten und den Wärmesektor grüner machen, nehmen wir zudem etwas Druck aus der Notwendigkeit zur Steigerung der energetischen Sanierung. Es ist also in doppelter Hinsicht sozial, sich beim Klimaschutz nun den Wärmesektor vorzunehmen.
Ein Erneuerbare-Wärme-Gesetz ist dabei ein wichtiger Bestandteil. Baden-Württemberg hat ein solches bereits 2008 verabschiedet. Auch in Hamburg haben SPD und Grüne ein entsprechendes Gesetz beschlossen. Berlin muss jetzt nachziehen.
Ein Erneuerbare-Wärme-Gesetz
Wir wollen ein Erneuerbare-Wärme-Gesetz, das verpflichtend vorgibt, bei einem ohnehin stattfindenden Heizungsaustausch die Wärme zu einem gewissen Anteil aus Erneuerbaren Energien zu gewinnen. Mit Solarthermie oder einer Fotovoltaikanlage samt Wärmepumpe ersetzen dann endlich moderne Technologien die dreckigen Ölkessel und alten Kohleheizungen.
Um den Umstieg auf Erneuerbare zu erleichtern, könnten auch Ersatzmaßnahmen angerechnet werden: zum Beispiel der übergangsweise Bezug von Bioöl und Biogas. Auch die professionelle Anfertigung eines Sanierungsfahrplans wäre möglich. Er muss dann aber ökologische und sozial abgefederte Energieeffizienzmaßnahmen aufführen und böte Eigentümern so ein gutes Arbeitsprogramm für den wirtschaftlichen Hausumbau.
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Die Sanierung von Wohnhäusern war in den vergangenen Jahren ein zweischneidiges Schwert: Sie ist einerseits notwendig für die Energiewende, andererseits wurden sogenannte Luxussanierungen von einigen Vermietern genutzt, um Mieten nach oben zu treiben.
Mit dem Mietendeckelgesetz, das eine eng definierte Liste an umlagefähigen Maßnahmen der energetischen Sanierung beinhaltet, wurde das unterbunden und ein weiterer Anreiz zur Nutzung erneuerbarer Wärme geschaffen. Klar ist, dass Mieter nicht die Zeche der überzogenen Renditeerwartungen mancher Hauseigentümer bezahlen dürfen.
Was für Privathaushalte gilt, muss auch für Großkonzerne gelten
Natürlich ist Berlin nicht ohne Weiteres mit einem Flächenstaat wie Baden-Württemberg vergleichbar. Ein großer Teil der Berliner Haushalte bezieht sein warmes Wasser über das Fernwärmenetz. Der größte Anbieter Vattenfall hat sich auf unseren Druck hin vorgenommen, „innerhalb einer Generation klimaneutral“ zu werden, und steht damit in der Verantwortung.
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Aufgabe der Politik und eines Erneuerbare-Wärme-Gesetzes wäre es, diesen Umbau mit klaren Leitlinien zu begleiten und zu überwachen. Dies sollte durch gesetzliche Vorgaben für die Anteile von Erneuerbaren Energien im Fernwärmenetz geschehen. Was für Privathaushalte gilt, muss auch für Großkonzerne gelten.
Fridays for Future und andere Klimaschutz-Initiativen fordern zu Recht ambitionierteren Klimaschutz. Regulierung ist kein Selbstzweck. Aber damit Berlin seinen Beitrag zu den Klimazielen von Paris leisten kann, ist ein Erneuerbare-Wärme-Gesetz dringend notwendig.
Georg Kössler ist Sprecher für Klimaschutz der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus.
Georg Kössler