Corona-Prävention in den Klassenzimmern: Berlin bekommt offenbar nahezu flächendeckende Ausstattung mit Luftfiltern
Berlin stand vergleichsweise gut da mit der Anschaffung von 11.000 Filtergeräten. Dem Abgeordnetenhaus reichte das aber nicht.
Berlins Klassenzimmer sollen flächendeckend mit Luftfiltern ausgestattet werden. Dafür haben sich – abgesehen von der AfD – alle Fraktionen des Abgeordnetenhauses ausgesprochen. Wie und wann diese überraschende Willensbekundung des Hauptausschusses vom Mittwoch konkret umgesetzt wird, blieb allerdings am Donnerstag im Bildungsausschuss noch unklar. Bisher hat Berlin 8000 Filter angeschafft, weitere 3000 wurden bereits bestellt. Damit könnte etwa jeder zweite Raum ausgestattet werden.
Die Bundesmittel könnten geschätzt für weitere 6000 Räume reichen. Die dann noch verbleibende Lücke solle Berlin selbst schließen, lautete demnach die Festlegung im Hauptausschuss, die der Vorsitzende Torsten Schneider (SPD) nach übereinstimmender Auskunft von Ausschussmitgliedern zu Protokoll gab. Schneider selbst war auf Nachfrage nicht zu erreichen.
Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) gab zu bedenken, dass bisher noch nicht einmal entschieden sei, unter welchen Bedingungen Bundesgelder für Geräte fließen. So gebe es Überlegungen, dass die Mittel den Schulen vorbehalten sein sollen, die ihre Klassenzimmer nicht lüften können. In diesem Fall würde Berlin die rund zehn Millionen Euro vom Bund nicht beanspruchen können, da diese Klassenzimmer bereits durch Landesmittel ausgestattet wurden.
Berlin würde in diesem Fall dafür bestraft, dass es bei der Ausstattung mit Luftfiltern zu den bundesweiten Vorreitern gehörte. Scheeres setzt jetzt darauf, dass die Förderrichtlinien in Berlins Sinne gefasst werden. Die entsprechenden Verhandlungen führe Brandenburg im Auftrag der Bundesländer.
Unterricht im Mantel - das soll nicht wieder passieren
Tatsächlich wäre es ein großer Schlag, wenn Berlin die zehn Millionen Euro vom Bund verlöre, da sie Bestandteil der Entscheidung im Hauptausschuss waren. Ob die Fraktionen auch ohne die Bundesgelder an ihrem Plan, alle Klassenräume auszustatten, festhalten, ließ sich am Donnerstag nicht klären. Allerdings wurde wegen der bevorstehenden Wahl zum Abgeordnetenhaus nicht mit einem Rückzieher gerechnet.
[Immer konkret und schon über 250.000 Abos: Hier gibt es die Tagesspiegel-Newsletter für jeden Berliner Bezirk - jetzt kostenlos: leute.tagesspiegel.de]
Eine wesentliche Rolle bei der Forderung nach flächendeckenden Luftfiltern spielt der Ausblick auf Herbst und Winter: In lebhafter Erinnerung haben die Schulen, dass Schüler:innen und Lehrkräfte wegen des ständigen Lüftens den Unterricht im Mantel verbrachten. Umso verärgerter sind die Botschaften aus etlichen Schulen, die noch kein einziges Gerät bekommen haben, weil alle Räume zu lüften sind, wie auch Regina Kittler (Linke) im Bildungsausschuss berichtete.
Gelder aus der Corona-Rücklage
Die Linken-Fraktion hatte deshalb – ebenso wie die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft – schon frühzeitig eine bessere Ausstattung mit Filtern gefordert. Die Haushalts- und Bildungsexpertin der Grünen, Stefanie Remlinger, hatte letztlich im Haushaltsausschuss vorgeschlagen, weitere Filter anzuschaffen. Nach ihren Angaben sollte es im Ausschuss zunächst nur um die Tranche der genannten 3000 Luftfilter gehen. Die dafür benötigten 4,9 Millionen Euro sollte das Land aus der Corona-Rücklage zahlen.
Da Berlin aber noch mit den Bundesmitteln rechnet, hatte sie vorgeschlagen, die 4,9 Millionen um die rund zehn Millionen erwarteten Bundesmittel aufzustocken. Das wiederum hatte nach Angaben von Ausschussmitgliedern dazu geführt, dass sich auch die SPD plötzlich dafür starkmachte – eine Entwicklung, von der auch Scheeres erst im Nachhinein erfuhr.
"Auch mit Luftfiltern muss gelüftet werden"
Sie gab zu erkennen, dass für sie die flächendeckende Ausstattung keine Priorität hat: „Auch mit Luftfiltern muss gelüftet werden. Alles andere ist on top“. Wenn gut gelüftet werden könne, müsse nicht jeder Raum einen Filter haben. Aber ihr Haus werde sich der flächendeckenden Ausstattung „nicht verweigern“.
[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
Der Schutz vor der Pandemie beschäftigte den Ausschuss auch über die Luftfilterdebatte hinaus. So wollte Kittler von der Senatorin wissen, wie viele Kinder bei den Corona-Testungen zum Schulanfang am Montag positiv getestet wurden. Es seien sechs Lerngruppen geschlossen worden, lautete Scheeres’ Antwort
Sechs Lerngruppen sind wegen Infektionen geschlossen
Scheeres kündigte an, dass sie zusammen mit der Gesundheitsverwaltung plant, „Impfshuttle“ zu den Oberschulen zu schicken. Die über 12-jährigen Schüler:innen mit entsprechender Erlaubnis der Eltern und gern auch Lehrkräfte könnten dann gemeinsam zu Impfzentren fahren. Es gebe bereits jetzt Klassen mit über 50 Prozent geimpften Schüler:innen, berichtete Scheeres.
Als erstes sind die Berufsschulen mit den Impfangeboten dran: Wie berichtet, werden die größten Oberstufenzentren bereits von mobilen Impfteams angefahren.