Flughafenchef dämpft Erwartungen: BER wird als internationales Drehkreuz weniger wichtig sein
Wenn der BER tatsächlich 2017 eröffnen sollte, rechnet Flughafenchef Karsten Mühlenfeld mit 20 Prozent Umsteigern statt mit den bisher erwarteten 30 Prozent. Und das ist nicht die einzige schlechte Nachricht.
Der neue Berliner Flughafenchef Karsten Mühlenfeld geht davon aus, dass der Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld nach seiner nunmehr für den Herbst 2017 geplanten Eröffnung eine deutlich geringere Drehkreuzfunktion haben wird, als bisher erwartet wurde. Die langfristigen Voraussagen gehen nur noch von einem unter 20-prozentigen Anteil an Umsteigepassagieren aus, sagte Mühlenfeld am Wochenende auf einer Veranstaltung des Luftfahrt-Presse-Clubs (LPC). Bisher war von mindestens 30 Prozent die Rede gewesen.
Derzeit liegt der Anteil der Reisenden, die überwiegend Tegel nutzen, um in Berlin nur das Flugzeug wechseln, bei gut vier Prozent. Zuwachs verspricht sich Mühlenfeld vor allem von neuen Langstrecken-Billigfliegern, wie sie beispielsweise in Kanada oder Singapur entstehen.
Für 2017 rechnet Mühlenfeld an den Berliner Flughäfen mit rund 32 Millionen Passagieren. In dem für 22 bis 27 Millionen Fluggäste konzipierten BER werde man so gerade einmal die Reisenden unterbringen können, die bisher den dann geschlossenen Flughafen Tegel nutzen. Der Flughafenchef sieht eine Kapazitätslücke von rund zehn Millionen Passagieren, die überbrückt werden muss. Das könnte durch eine Weiternutzung des alten Schönefelder Abfertigungsgebäudes oder durch den Bau eines Behelfsterminals ähnlich dem Terminal C in Tegel geschehen.
Damit eine der beiden Lösungen bis zur BER-Eröffnung realisiert werden kann, müsste der Aufsichtsrat im September einen entsprechenden Beschluss fällen, so Mühlenfeld. Das Gremium werde sich sicher für die kostengünstigste Lösung entscheiden, erwartet er. Das müsse nicht unbedingt die Weiternutzung des bestehenden Terminals sein, das ebenso wie die entsprechenden Vorfeldflächen saniert und den aktuellen Sicherheitsbestimmungen angepasst werden müsste. Dagegen wäre der Bau eines „Blechschuppens“ nicht so teuer, würde aber eine Straßenanbindung und neue, gebäudenahe Abstellpositionen für Flugzeuge erfordern.
Lieber würde Mühlenfeld gleich alle Passagiere durch das neue Terminal schleusen, damit diese dort einkaufen. Denn nur durch diese Nebeneinnahmen könne man die Gewinne erzielen, die benötigt werden, um die Gesellschafterdarlehen zurück zu zahlen, so der Flughafenchef. Mit dem reinen Flugbetrieb könne man „maximal Kostendeckung“ erzielen.
Dennoch soll erst nach der technischen Inbetriebnahme des BER mit der regulären Erweiterungsplanung begonnen werden, um die Inbetriebnahme nicht erneut zu gefährden. „Wenn man nur anfängt darüber nachzudenken, verzögert es sich bereits“, beschreibt Mühlenfeld seine Erfahrungen mit Planungsänderungen. Derzeit liege man gut im Zeitplan, 32 Prozent der 220 baulichen „Meilensteine“ konnten seit Januar fertiggestellt werden.
"Großes Problem": Aus Kostengründen kein Tunnel für Erweiterung
Als ein „großes Problem“ für die zukünftige Erweiterung des BER bezeichnete Mühlenfeld die Tatsache, dass seinerzeit aus Kostengründen auf den Bau des ursprünglich geplanten Tunnels zu den später vorgesehenen, westlichen Satellitengebäuden verzichtet wurde. Jetzt sei die Frage, wie man diese dann bei laufendem Flugbetrieb das das Hauptterminal anbinden kann.
Auch das Interims-Regierungsterminal, das bis 2017 auf einer bisherigen Flugzeug-Abstellfläche im Nordwesten von Schönefeld errichtet wird, muss vom Flughafen finanziert werden, sagte Mühlenfeld. Der Vertrag mit der Bundesregierung sah vor, dass diese ab der BER-Eröffnung das alte Schönefelder Terminal nutzt, bis binnen zwei bis drei Jahren davor ein endgültiger Neubau fertiggestellt ist. Weil dieses jedoch nicht vorzeitig aufgegeben werden kann, besteht der Bund auf eine Ersatzlösung. Denn der Flughafen Tegel, in dessen militärischem Nordteil sich das bisherige Regierungsterminal befindet, wird mit der BER-Eröffnung geschlossen.
Wie das vorübergehende Empfangsgebäude für Staatsgäste aussehen wird, ist noch offen und muss mit mehreren Ministerien abgestimmt werden. Zu den Kosten konnte Mühlenfeld noch keine Angaben machen. „Wenn es nur so eine olle Baracke wie in Tegel ist wird es nicht so teuer werden“, sagte der Flughafenchef. Es könnte aber auch sein, dass die Bundesregierung schon als Übergang eine bessere Empfangsmöglichkeit schaffen will. „Ich entscheide nicht, wie der Interimsflughafen aussieht.“
ILA kann nur mit neuem Konzept bleiben
Die alle zwei Jahre stattfindende Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung ILA kann laut Mühlenfeld nur dann in Schönefeld verbleiben, wenn die Veranstalter ein neues Konzept für die Messe finden. Wenn 2018 bei einem auf 35 Millionen gestiegenen Passagieraufkommen nach der Tegel-Schließung die Berlin-Flüge über zwei statt drei Start- und Landebahnen abgewickelt werden müssen ist es bekanntlich nicht mehr möglich, die Südbahn für den Showflugbetrieb zur Verfügung zu stellen. Es gebe nach wie vor die Möglichkeit, Messeflüge zu gestalten, aber nicht mehr im bisherigen Umfang, so Mühlenfeld.
Der Lärm der Flugschau an den Fachbesuchertagen habe ohnehin oft die Kundengespräche gestört, so der ehemalige Rolls-Royce-Manager, der bisher selbst zu den Ausstellern zählte. Und die großen Abschlüsse würden ohnehin auf den Luftfahrtausstellungen in Paris und im britischen Farnborough getätigt. „Wir müssen für die ILA ein anderes Konzept finden“.
Rainer W. During