Flughafen in Berlin: BER verpasst nächste Teil-Genehmigung für 2017
Auf der BER-Baustelle wird gearbeitet, doch der nächste interne Termin ist gerissen. Ein Start 2018 wird immer wahrscheinlicher - aber offiziell wird das wohl erst nach der Berlin-Wahl bekannt.
Am unvollendeten Hauptstadt-Flughafen in Schönefeld gibt es die nächste Verspätung, die eine Eröffnung vor 2018 unwahrscheinlicher macht. Die Flughafengesellschaft verfehlt erneut einen selbst gesteckten wichtigen Termin. Nach Tagesspiegel-Recherchen kann die nächste Teil-Baugenehmigung (5. Nachtrag) nicht bis Ende August erteilt werden. Dieses Datum hatten Flughafenchef Karsten Mühlenfeld und Berlins Regierender Bürgermeister und BER-Aufsichtsratschef Michael Müller (SPD) vor der Sommerpause genannt, um eine Eröffnung 2017 schaffen zu können. So steht es im internen Rahmenterminplan. So wurde es am 8. Juli dem Aufsichtsrat mitgeteilt.
„Es hat Rückschläge gegeben“, bestätigte Mühlenfeld dem Tagesspiegel, betonte aber: „Es gibt weiterhin eine Chance, den Airport 2017 zu eröffnen.“ Rückblende: Am 30. Juni hatte der Flughafen – nach monatelanger Verzögerung – die „vierte Nachreichung“ für den 5. Nachtrag zur Baugenehmigung bei der Baubehörde Dahme-Spreewald eingereicht. Einige Nachweise, etwa eine Schnittstellendokumentation zum Brandschutz zwischen Terminal und Tiefbahnhof, sollten schnellstmöglich nachgeliefert werden. So war es auf einem Spitzentreffen aller Beteiligten in Berlin vereinbart worden.
Aber nun hat alles, wie so oft, länger gedauert. Es sei „in den Detailanforderungen aufwendiger als erwartet“ gewesen, sagt Mühlenfeld. Von den Behörden seien zusätzliche Dokumente gefordert worden, so dass es inzwischen „eine fünfte und sechste Nachreichung“ für den Antrag gibt. „Unsere Leute mussten rund um die Uhr ran.“ Allein die Schnittstellendokumentation umfasse acht Ordner, sie sei „letzten Freitag eingereicht“ worden. Und die ingenieurtechnischen Nachweise, mit denen Gefährdungen im Brandfall ausgeschlossen werden, wenn gleichzeitig drei Züge einfahren, hätten den Umfang von drei Aktenordnern. Ein letzter fehlender Nachweis soll laut Mühlenfeld diese Woche übergeben werden.
„Bei den Bauarbeiten gibt es keine Verzögerungen“
Normalerweise benötigt das Bauamt vier bis sechs Wochen Bearbeitungszeit. Mühlenfeld hofft, dass der grüne Stempel schneller da ist. „Da viele Dokumente gemeinsam vorgeprüft sind, bin ich zuversichtlich, dass zeitnah eine Genehmigung erteilt werden kann.“ Zudem sei die Kooperation mit den Behörden eng, habe man wöchentlich auf Arbeitsebene getagt. „Es läuft gut, aber der Teufel steckt im Detail“, bestätigt Chris Halecker, Baudezernent von Dahme-Spreewald. „Wir haben noch Unterlagen nachgefordert“. Manches sei „nicht so vollständig wie nötig“ gewesen, und der Flughafen sei „in der Bringepflicht“.
Die Vereinbarungen des Spitzentreffens würden „Punkt für Punkt abgearbeitet.“ Halecker betont, dass trotz der ausstehenden Genehmigung kein Baustopp droht. „Es kann gearbeitet werden.“ Und dies geschehe mit Hochdruck, in Sechs-Tage-Woche, in einigen Gewerken im Zwei-Schicht-System, so Mühlenfeld. „Bei den Bauarbeiten gibt es keine Verzögerungen.“ Es bleibe beim Ziel, Ende 2016 damit fertig zu sein. Die Genehmigung werde für die ebenfalls nötigen Sachverständigenprüfungen dringend benötigt. Es bleibe knapp.
Wie dramatisch die Lage ist, illustriert dagegen ein dem Tagesspiegel vorliegender Brandbrief einer Baufirma an Technikchef Jörg Marks vom 6. Juli 2016. „Leider liegt die endgültige Baugenehmigung sowie das damit verbundene endgültige Brandschutzkonzept immer noch nicht vor“, heißt es darin. „Beides ist notwendig, um die Feststellungen zu treffen, die unseren Leistungsumfang betreffen.“ Der betrifft Blitzschutzanlage, Sicherheitsbeleuchtung und Sicherheitsstromversorgung.
Und dann werden Behinderungen und Qualitätsmängel beklagt: „In diesem Zusammenhang ist weiter von Bedeutung, dass die von Ihnen zur Verfügung zu stellenden Ausführungsplanungen noch immer nicht in der Form vorliegen, dass diese Ausführungsplanungen uns in die Lage versetzen, die Funktionsfähigkeit der vorstehend genannten Anlagen beurteilen zu können“
Und: „Auch hier besteht ... dringender Handlungsbedarf.“ All das könne zu „Kollisionen in der Terminplanung zur Durchführung der Sachverständigenprüfungen führen“. Das Fazit der Baufirma: „Wir sehen ... die Erreichbarkeit Ihrer ehrgeizigen Projektziele äußerst problematisch, wenn Sie nicht sofort Gegensteuerungsmaßnahmen zu den bekannten offenen Themen einleiten.“ Das war am 6. Juli – die Genehmigung fehlt bis heute.
Probleme dürften auch Wahl beeinflussen
Auf der anderen Seite hat es bei der BER-Sanierung Fortschritte gegeben, wie aus der Antwort des Senats auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Andreas Otto hervorgeht. So seien im vergangenen Jahr nachträglich „ca. 850 Räume additiv an die Entrauchungsanlagen und die Nachströmung angeschlossen worden“. 4500 Räume gibt es im Terminal. Und auch die berühmte Matrix, „die generelle Installation der Software“ für Brandmeldung, Entrauchung und Frischluftnachströmung, ist demnach „fertiggestellt“. Zu Kosten und Umfang verweigerte der Senat allerdings Auskünfte, was für Otto „nichts Gutes ahnen“ lässt.
Die neuen BER-Probleme dürften auch den Berliner Wahlkampf beeinflussen. Für FDP-Generalsekretär Sebastian Czaja, der die Liberalen als Spitzenkandidat nach fünf Jahren zurück ins Abgeordnetenhaus führen will, ist damit noch klarer: „Der BER wird definitiv nicht 2017 eröffnen. Wenn der Regierende Müller den Berlinern darüber nicht vor der Wahl reinen Wein einschenkt, wäre das ein Skandal.“ Mühlenfeld leiste aktive Wahlkampfhilfe für SPD und CDU, wenn er wie geplant erst nach der Wahl im Oktober den definitiven Eröffnungstermin nennen wolle. Aber zumindest diesen Termin will der Flughafenchef eisern einhalten, wie er auf Anfrage bekräftigte: Bis dahin befasse er sich mit der Lösung der Probleme.
Der Tagesspiegel kooperiert mit dem Umfrageinstitut Civey. Wenn Sie sich registrieren, tragen Sie zu besseren Ergebnissen bei. Mehr Informationen hier.