Untersuchungsausschuss zur Diese eG: Baustadträte Oltmann und Schmidt verteidigen die Ausübung des Vorkaufsrechts
Die wirtschaftliche Rechnung habe auf vernünftigen Grundlagen gestanden, sagte Bezirksstadtrat Oltmann. Auch Schmidt weist Vorwürfe zurück.
Der Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses zur Immobilienaffäre um die Genossenschaft „Diese“ hat am Dienstag die Baustadträte von Friedrichshain-Kreuzberg und Tempelhof-Schöneberg vernommen. Florian Schmidt und Jörn Oltmann (beide Grüne) sollten Auskunft darüber geben, warum sie für mehrere Miethäuser das Vorkaufsrecht zugunsten der Diese eG trotz unklarer Finanzierung ausgeübt haben.
Florian Schmidt verlas eine Erklärung zu den Vorgängen, in der er die Ausübung des Vorkaufsrechts für fünf Mietshäuser verteidigte. Dann verweigerte er weitere Auskünfte und warf der CDU die Anzettelung eines „politischen Konflikts mit dem Ziel der Kriminalisierung des politischen Gegners“ vor.
Schmidt begründete seine Aussageverweigerung damit, dass eine Rechtsanwältin und Aussschussmitarbeiterin der CDU-Fraktion wiederholt Strafanzeigen gegen ihn wegen Untreue und Insolvenzverschleppung gestellt habe. Diese seien zwar von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden. Dennoch sei eine Wiederaufnahme wegen der Aussagen vor dem Ausschuss nicht ausgeschlossen. Schmidt sprach von „Eingriffen in meine Privatsphäre“ und einem „Versuch, den Prozess des Vorkaufsrechts zu schädigen und zu stoppen“.
Die Vorwürfe des Rechnungshofes wies Schmidt zurück. Der hatte ein Haftungsrisiko von 27 Millionen Euro für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg festgestellt und geht von einem Schaden von 270 000 Euro aus. Zudem bemängelte der Rechnungshof, dass Schmidt nicht das Rechtsamt des Bezirks angehört, die finanzielle Leistungsfähigkeit der Genossenschaft unzureichend geprüft und damit gegen das Baugesetzbuch verstoßen habe. Mehr als 20 Millionen Euro gab es an Zuschüssen vom Land.
„Das finanzielle Risiko von 27 Millionen Euro bestand nicht“, sagte Schmidt. Eine Rückabwicklung der Käufe sei möglich gewesen. Die Immobilien seien „unter Verkehrswert“ erworben worden, so dass deren „Gegenwert der Haftung gegenüberstand“. Zudem habe der Vorkauf zugunsten der Diese eG einen „impulsgebenden Charakter“ für den Milieuschutz im Bezirk gehabt. Investoren sei nun klar, dass der Bezirk es „ernst meint“ mit dem Einsatz des Instruments.
2020 habe es 26 Abwendungsvereinbarungen zum Schutz von Mietern – so viele wie nie zuvor – und sechs Vorkaufsfälle gegeben, drei davon zu Gunsten von Genossenschaften. „Meine Aufgabe ist es, alles zu tun, dass Mieter ein sicheres Zuhause haben und nicht renditegetriebenen Geschäftsmodellen zum Opfer fallen“, sagte Schmidt. Hätte er nicht gehandelt, wäre ihm vorgeworfen worden, Mieter nicht vor Verdrängung zu schützen.
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Bernd Schlömer (FDP) nannte Schmidts Auftritt eine „One-Man-Show“, der Ausschussvorsitzende Frank Zimmermann (SPD) fand Schmidt enttäuschend. Zumal schon vor zwei Wochen der Diese eG-Vorstand Werner Landwehr eine Aussage verweigert hatte. Ob das zulässig ist, will der Ausschuss rechtlich klären lassen. Für Grüne und Linke ist dagegen fast alles geklärt. Der Ausschuss könne seinen Abschlussbericht schreiben, sagte Andreas Otto (Grüne). Mikael Nelken (Linke) warf der Opposition vor, „politische Wahlkampfauseinandersetzung“ zu zelebrieren.
„Skandalös“ nannte dagegen CDU-Obmann Stefan Evers den Auftritt von Schmidt. Er vermute Absprachen mit Landwehr mit dem Ziel, die „Aufklärung zu torpedieren“. Das werfe ein „schräges Licht auf das Rechtsstaatsverständnis der Grünen“. Schlömer warf den Grünen vor, den „Mantel der Intransparenz über die Dinge werfen“ zu wollen“.
Neben Schmidt sagte Tempelhof-Schönebergs Baustadtrat Oltmann vor dem Ausschuss aus. Er hatte 2019 mit dem Vorkaufsrecht verhindert, dass ein Wohnhaus in der Gleditschstraße an einen privaten Käufer ging. „Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass die wirtschaftliche Rechnung auf vernünftigen Grundlagen stand“, sagte Oltmann. Dem Vorkauf hätten ein Förderdarlehen sowie ein öffentlicher Zuschuss zugrunde gelegen, die „über 50 Prozent“ der Erwerbskosten ausmachten. Die Mieter hätten 500 Euro je Quadratmeter beigesteuert. Den Rest habe die GLS-Bank als Kredit bewilligt.
Dass der Ankauf ins Stocken geriet und die Diese eG kurz vor der Insolvenz stand, habe an der sehr langen Prüfung durch die landeseigene Förderbank IBB gelegen. Das Abgeordnetenhaus habe zwar den „eindeutigen politischen Willen“ bekundet, Genossenschaften zu fördern. Neuen Kriterien für die Prüfung dieser alternativen Eigentumsform seien der IBB aber nicht mitgegeben worden. Die IBB habe die Diese eG wie einen gewöhnlichen Privatkunden geprüft, das sei der Grund für die Zweifel an der Kreditfähigkeit.
Dabei hätten Bausenator Sebastian Scheel (Linke) und die Finanzverwaltung die „Förderfähigkeit grundsätzlich bejaht“. Dass landeseigene Wohnungsbaugesellschaften den Kauf ablehnten, erklärt Oltmann mit deren kürzeren Abschreibungszeiten. Er sagte auch: „Der Kaufpreis war sehr hoch.“