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Berlins Bausenatorin Katrin Lompscher droht mit ihrer Wohnungsbaupolitik schon zu scheitern.
© Marco Urban

Wohnungsmarkt Berlin: Bausenatorin Lompscher setzt falsche Prioritäten

Im Kampf gegen die Wohnungsnot macht der Senat Klientelpolitik, die selbst die landeseigenen Wohnungsgesellschaften nicht mittragen wollen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ralf Schönball

Stehen sie bald alleine da, Bausenatorin Katrin Lompscher und die Berliner im Kampf gegen die steigenden Mieten und die Auswüchse der Spekulation mit Wohnhäusern und Bauland? Ein Jahr nach ihrem Dienstantritt, während sich die Wohnungsnot täglich verschärft, scheint die Linken-Politikerin ihre wichtigsten Verbündeten zu verlieren: die landeseigenen Wohnungsunternehmen.

Die rot-rot-grüne Baupolitik wird ausgerechnet von den Geschäftsführern jener sechs Firmen angezählt, die es eigentlich richten sollen. Auf diese Firmen setzt der Senat, weil er Einfluss auf deren Geschäftspolitik nehmen kann. Preiswerte Wohnungen sollen sie bauen, zehntausende. So soll das Versprechen im Koalitionsvertrag eingelöst werden, dass es bezahlbare Mieten für alle gibt und niemand aus seinem Kiez verdrängt wird. Und wirklich: Der Senat steht an der Seite der Mieter im Berliner Häuserkampf.

Das ist gut so. Denn der globale Kapitalmarkt stillt seinen Durst nach Renditen auch auf dem Berliner Wohnungsmarkt. Die neueste Studie der Humboldt-Universität bestätigt das, was die meisten Berliner inzwischen am eigenen Leib erfahren haben: Die Mieten steigen immer schneller und verzehren immer mehr von ihrem Haushaltseinkommen, mehr als ein Viertel davon zahlen die Berliner schon. Tendenz steigend, denn die Einkommen stagnieren, und die vielen neuen Jobs in Berlin sind vielfach schlecht bezahlt, befristet, prekär.

Berlin wächst, aber die Ungleichheit auch, zumal vor allem Flüchtlinge und gering qualifizierte EU-Bürger aus dem Osten herziehen. Diese Neuberliner können keine Wohnung kaufen. Sie müssen mitmischen im Verteilungskampf um günstigen Wohnraum.

Und der wird schärfer, weil Wohnhäuser auch begehrt sind unter Immobilien-Händlern. Millionen verdienen sie daran, Mietwohnungen in Eigentumsobjekte umzuwandeln und dann zu verkaufen: Familien aus Süddeutschland vermehren auf diese Weise genauso ihr Vermögen wie ausländische Glücksritter. Das sind die Klassenfeinde für Linke und Grüne. Ihnen haben sie den Kampf angesagt. Lompscher für den Senat und Baustadtrat Florian Schmidt für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Wohnen ist keine Ware wie jede andere, sagen sie. Und sie greifen ein mit Regulierungen und Verboten.

Der Schutz der Menschen vor den Zudringlichkeiten des Marktes ist wichtig. Das Schreiben der Unternehmer aber zeigt: Lompscher trifft auch die Falschen, die landeseigenen Firmen. Um ihren Auftrag zu erfüllen, brauchen sie landeseigene Grundstücke sowie Baurecht, und zwar schnell. Beides geschieht nicht. Statt die Stadt auf Wachstum einzuschwören und Siedlungsprojekte auf den Weg zu bringen, stärkt die Senatorin erst mal die Mitbestimmung. Wieder sind die landeseigenen Firmen die Leidtragenden: Es gibt noch mehr Widerstände und Proteste, auch gegen den Bau preiswerter Wohnungen.

So entstehen statt mehr Wohnungen weniger – und die Mieten steigen. Hat die gelernte Stadtplanerin Lompscher das nicht erkannt? Oder steckt dieses Kalkül dahinter: die richtige Gesinnung, ein paar Regulierungen und Verbote zugunsten der eigenen Klientel – das wird schon reichen?

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