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Bitte recht freundlich. Am Sonnabend zeigten mehr Sicherheitskräfte als sonst Präsenz im Sommerbad Pankow. Anlass war die Randale vom Freitag, als drei Dutzend Halbstarke den Sprungturm und die Wasserrutsche unter Beschlag hielten und den Badebetriebsleiter bedrängten. Auch der Sonntag ist nun zum „Familientag“ erklärt. Doch viele Singles und Kinder am Eingang zeigten sich erst enttäuscht – und dann äußerst erfinderisch.
© Kietzmann

Nach Randale im Sommerbad Pankow: Baden nur noch für Familien

Im Sommerbad Pankow randalierten Jugendliche, jetzt dürfen nur noch Eltern mit Kindern rein. Viele versuchen, das mit Tricks zu umgehen. Die ungewöhnliche Entscheidung provoziert viel Kritik.

Auf dem Schild am Einlass steht: „Heute Familientag!“ Pauline Schumacher, 13-jährige Schülerin aus Prenzlauer Berg, steht mit ihren Freundinnen enttäuscht vor dem Eingang zum Sommerbad Pankow: „Ich hab schon meine Mutter angerufen, ob sie schnell zu mir und mit rein kommt.“ Und Buchhalterin Mandy Schurat, 37, sagt: „Na toll, da werde ich als Single doppelt bestraft.“ Schließlich fanden sie sich wie viele spontan zusammen und schafften es als „Mutter mit Kindern“ hinein. Die Sicherheitsleute am Zugang an der Wolfshagener Straße wollen auch am heutigen Sonntag tatsächlich nur „Vater, Mutter, Kind“ hereinlassen.

Türsteherpolitik in einem öffentlichen Schwimmbad – es ist das erste Mal, dass die Berliner Bäderbetriebe so ein Einlasskonzept testen. Wenn es sich bewähren sollte, wolle man es für andere Bäder prüfen, sagte Sprecher Matthias Oloew. Viele Familien bemerkten aber drinnen gar keinen Unterscheid, und am Einlass wussten die wenigsten Gäste, was der Anlass war: Am Freitag war eine Situation im Sommerbad Pankow eskaliert. Augenzeugen zufolge hatte alles harmlos angefangen, ein Junge habe auf dem Sprungbrett posiert, nach und nach kamen immer mehr Jugendliche. Gegen 18 Uhr hatte eine große Gruppe den Sprungturm und die Rutsche quasi besetzt. Als der Bademeister die Attraktionen aus Sorge um die Badenden räumen und sperren wollte, wurde er körperlich bedrängt. Die Gruppe wollte Turm und Rutsche nicht verlassen.

Schnell holte die Badleitung die Polizei – obgleich sechs Wachleute auf dem Gelände waren. 60 Beamte waren im Einsatz, um eine etwa gleichgroße Gruppe Jugendlicher und Heranwachsender aus dem Bad zu drängen. Wie bei früheren Auseinandersetzungen sollen die Krawallmacher arabisch- und türkischstämmige Jugendliche aus Wedding gewesen sein. „Seitdem die Straßenbahn eine direkte Verbindung bietet, haben wir diese Klientel in Pankow“, hieß es bei den Bäderbetrieben. Erst vor einer Woche musste wegen tumultartigem Gedränge am Einlass die Polizei geholt werden.

Pankow das Bad mit den zweitmeisten Polizeieinsätzen

Neben dem Neuköllner Bad am Columbiadamm gibt es in Pankow die meisten Polizeieinsätze. Die Bäderbetriebe verhängten am Freitag drei Dutzend Hausverbote. Gegen 19.30 Uhr war das Bad geräumt, Strafanzeigen gab es keine. Am Sonnabend waren 16 Sicherheitskräfte im Einsatz. Hunde hat der Wachschutz nicht mehr, dies habe zu martialisch gewirkt, hieß es bei den Bäderbetrieben: Aggressive Jugendliche fühlten sich noch mehr angestachelt. Leider ließen sich viele Jugendliche mit Migrationshintergrund auch von blonden Badmitarbeiterinnen nichts sagen, hieß es. In Wedding ist jetzt ein iranischstämmiger Berliner, ein früherer Ringer, Schwimmbadmeister.

In der Landespolitik stößt die Eingangskontrolle auf Kritik. „Hier pauschal bestimmte Gruppen nicht mehr reinzulassen, statt jeden Einzelfall zu prüfen – das ist schon eigenartig“, sagte der CDU-Sportpolitiker Peter Trapp. Er forderte die Bäderbetriebe auf, eine Regelung zu finden, nur bestimmte Jugendliche oder problematische Gruppen gezielt anzusprechen und sie gegebenenfalls nicht hineinzulassen. Auch der SPD-Innenpolitiker Thomas Kleineidam lehnt eine pauschale Sperre ab. „Alle anderen Besucher in Haftung zu nehmen, weil ein paar Jugendliche rumspinnen – das wäre eine Kapitulation“, sagte er. „Das kann keine Dauerlösung sein.“

Lob für Projekt "Bleib cool am Pool"

Im Polizeipräsidium wurde in dem Zusammenhang das Projekt „Bleib cool am Pool“ gelobt, das seit drei Jahren in Kooperation mit einer Schule am Columbiadamm läuft. Dabei werden Jugendliche zu Konfliktlotsen am Beckenrand ausgebildet. Heutzutage weisen Bademeister die Leute nicht mehr mit Trillerpfeife zurecht, sondern können laut Sprecher Matthias Oloew mit kumpelhafter Ansprache nach dem Motto „Ich seh’ wohl nicht richtig“ bei der Klientel viel mehr erreichen. Zahlen zu Einsätzen in Freibädern gab es am Wochenende nicht. 2006 hatte es nach einem massiven Polizeieinsatz ebenfalls im Pankower Bad ein parlamentarisches Nachspiel gegeben. Seitdem dürfen Polizisten gratis in die Bäder, wenn sie sich am Eingang ausweisen. Für die Bademeister hat dies den Vorteil, dass sie wissen, ob Polizisten schon privat im Bad sind, wenn es kritisch wird.

Lars von Törne, Christoph Stollowsky, Jörn Hasselmann, Annette Kögel

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