Umbau des Dreiecks Funkturm: Autobahn, au Backe
Der hochbelastete Knotenpunkt entspricht nicht mehr dem heutigen Stand der Technik. Deshalb soll das Dreieck Funkturm entheddert werden: ein Blick auf Berlins kniffligste neue Baustelle.
Von der Plattform des Funkturms sieht’s irre aus. Der eisige Wind zieht durch die Jacke, der Grunewald erstrahlt, und 120 Meter tiefer ziehen die Autos ihre Bahnen.
Die Zahlen: 197 000 Autos rollen dort unten täglich über die Stadtautobahn A100, hinzu kommen 12 000 Lastwagen und natürlich der Verkehr von der Avus – das sind noch mal Tausende. Sie kommen von links, rechts, aus dem Tunnel und aus dem Wald.
Willkommen am Dreieck Funkturm!
Entstanden in den 60er Jahren, so verspielt wie ein Modellbahnlandschaft, so verheddert wie eine Weinranke im Garten, so unübersichtlich wie die Stromleitungen im BER-Kabelschacht. Da hilft am Ende nur eins: Abriss, alles auf null, sortieren – und wieder neu aufbauen.
Hört sich nach der kniffligsten Baustelle der Stadt an, und das wird sie auch. „Wegen des schlechten Bauzustandes ist die möglichst zügige Erneuerung dieses zentralen und extrem hoch belasteten Verkehrsknotenpunktes wesentlich, der für die Mobilität der Stadt von elementarer Bedeutung ist“, sagt jetzt Verkehrsstaatssekretär Jens-Holger Kirchner (Grüne) auf eine Anfrage von Tino Schopf (SPD). Es werden noch Jahre vergehen und viele Frühlingsschlaglöcher gestopft werden, ehe es losgeht, aber das Grobkonzept ist da. „Im März 2018“ wird mit der Vorplanung begonnen, wie der Verkehr besser fließen kann. 2021 könnte das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden (Kirchner: „Dauer nicht seriös einzuschätzen“). Und sowieso: „Bauzeit voraussichtlich nicht unter fünf Jahren.“
Wenn er es nicht so vorsichtig geschrieben hätte, dürfte man sagen – echter Optimist, der Mann! Denn: 20 Brücken müssen neu gebaut werden (Kirchner: „dringend“). Und weil sich der Verkehr nicht in Luft auflöst: bei laufendem Betrieb („ein wesentlicher Auftrag der Planung“).
Grundtenor: Alles soll übersichtlich werden – ohne abrupte, enge Ausfahrten nach rechts oder sogar nach links. Staatssekretär Kircher formuliert es so: „Der Knotenpunkt entspricht nicht dem Stand der Technik hinsichtlich Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs.“
Die A115 könnte laut Kirchner ab der Avus-Tribüne eine neue Trasse bekommen. Sie würde wohl als Rampe über den heutigen Avus-Lkw-Parkplatz geführt – Vorteil: So kann der Verkehr während der Arbeiten hier rollen.
Aber auch an Umleitungen wird schon gedacht: Für die A100 gibt es die Idee, den Autobahnverkehr Richtung Norden über die parallele Halenseestraße und schließlich über eine verwaiste Rampe zurück auf die Autobahn zu führen (siehe Foto).
Die Piste liegt versteckt neben dem S-Bahnhof Westkreuz. Ob das markante Avus-Motel den Umbau überlebt, sagt Kirchner nicht, nur so viel: „In der Avus-Nordkurve soll die Funktion eines Rasthofs aufrechterhalten werden“. Der SPD-Politiker hat noch nach viel mehr Ideen gefragt. Ist nicht auch Platz für einen Schnellradweg für E-Bikes vom Rathenauplatz Richtung Tegel, über die neue Wissell-Brücke? Und warum nicht gleich die Autobahn zwischen ICC und Knobelsdorffstraße „deckeln“ und daraus einen langen Park machen, so wie sie es in Hamburg mit der A7 planen?
Schöne Ideen, klingt aber nach mehr als fünf Jahren Bauzeit, wobei: So eine Modellbahnlandschaft ist ja schließlich auch nie ganz fertig.