Bespuckt und beleidigt in Wilmersdorf: Außenminister Maas verurteilt antisemitischen Angriff auf Berliner Rabbiner
Die Attacke auf den Rabbiner Yehuda Teichtal sorgt bundesweit für Entsetzen. Die Polizei äußert sich nicht zum geforderten Geleitschutz - aus Sicherheitsgründen.
Sie hatten ihn beschimpft und bespuckt, während sein Kind dabei war: Am Mittwoch war bekannt geworden, dass Yehuda Teichtal, Rabbiner der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, bereits am vergangenen Freitag von zwei Männern attackiert wurde.
Am Donnerstag nun äußerte sich Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) zu der Tat. Er sei "wütend und entsetzt", teilte er via Twitter mit. Die "Mehrheit der Anständigen" dürfe derlei nicht tolerieren.
Zuvor hatten sich weitere Stimmen aus der Politik mit Teichtal solidarisiert und sich gegen Antisemitismus ausgesprochen, darunter Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke), der "klare Kante" gegen Judenfeindlichkeit forderte.
Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) twitterte: „Es ist beschämend. Wir werden nicht nachlassen, den Antisemitismus in allen Erscheinungsformen zu bekämpfen. Herrn Rabbiner und seinem Kind habe ich meine persönliche Solidarität erklärt. Berlin steht an seiner Seite.“
Berlins SPD-Fraktionschef Raed Saleh sagte der Deutschen Presseagentur: „Antisemitismus hat in Berlin keinen Platz." Der Angriff auf seinen Freund Rabbiner Teichtal sei "ein Angriff auf uns alle".
Geleitschutz für Rabbiner? Die Innenverwaltung äußert sich dazu öffentlich nicht
Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Dr. Gideon Joffe, hatte am Mittwoch Geleitschutz für Rabbiner gefordert, damit diese "ihren Weg zur Synagoge und zurück ungestört antreten können". Daraufhin erklärte der Sprecher der Berliner Innenverwaltung Martin Pallgen gegenüber dem Tagesspiegel: "Der Schutz der jüdischen Gemeinde und ihrer Mitglieder hat für uns oberste Priorität."
Die Polizei Berlin bewerte die Gefährdungssituation "kontinuierlich". Aus Sicherheitsgründen könne er zu laufenden und geplanten Schutzmaßnahmen aber öffentlich keine Auskunft geben.
Antisemitismusbeauftragter fordert die Berliner Stadtgesellschaft auf, sich gegen Judenhass zu engagieren
Berlins Antisemitismusbeauftragter Lorenz Korgel würdigte Teichtal als "Botschafter des gegenseitigen Respekts und der Menschenwürde". Sein Engagement gegen Antisemitismus beeindrucke ihn sehr. "Die Attacke gegen Ihn und sein Kind ist auch deswegen erschütternd", sagte Korgel dem Tagesspiegel. Er forderte die gesamte demokratische Stadtgesellschaft auf, sich gegen den Hass auf Juden zu engagieren. "Denn Antisemitismus ist Gift für die liberale Demokratie."
Der Angriff auf Teichtal, der in Begleitung eines seiner Kinder war, ereignete sich in der Nähe einer Synagoge im Berliner Stadtteil Wilmersdorf. Im vergangenen Jahr hat die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf 80 antisemitische Vorfälle registriert. Mehr waren es mit 146 nur in Mitte.
Für das laufende Jahr gibt es noch keine Zahlen. Die antisemitischen Übergriffe im ersten Halbjahr 2019 veröffentlicht RIAS erst Anfang September. Bis dahin könnte auch noch keine Tendenz festgestellt werden, sagte ein Sprecher dem Tagesspiegel.