Ehemaliger US-Präsident: Auf den Spuren von Ronald Reagan in Berlin
Ein neue Publikation untersucht Reagans Bedeutung für die Hauptstadt. Auch Ex-Bürgermeister Eberhard Diepgen erinnert sich.
Ein Republikaner wettert gegen das Establishment und verjagt als Außenseiter ungeliebte Demokraten - das gab es schon einmal, damals im Jahr 1980: Ronald Reagans Triumph über Jimmy Carter kam genauso überraschend wie Donald Trumps Sieg über Hillary Clinton. Reagan galt seinerzeit als drittklassiger Schauspieler, der den Kalten Krieg verschärfen würde. Heute, 26 Jahre später, ist er eine der Größen der Deutschen Wiedervereinigung - und Ehrenbürger der Stadt Berlin.
Durch seine vier Berlin-Besuche verband Reagan immer eine besondere Geschichte mit der Hauptstadt. Genau diese hat nun Jens Schöne, Historiker und stellvertretender Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, in seiner Publikation „Ronald Reagan in Berlin“ nachgezeichnet. Anlässlich der Veröffentlichung versuchten Zeitzeugen und Historiker dem ehemaligen US-Präsidenten am Donnerstagabend im Berliner Alliertenmuseum etwas näher zu kommen. Vor rund 100 Besuchern diskutierten und erinnerten sich Berlins ehemaliger Bürgermeister Eberhard Diepgen, Sabine Bergmann-Pohl als letztes DDR-Staatsoberhaupt und Geschichtsprofessor Manfred Görtemaker von der Universität Potsdam mit dem Autor des 56-seitigen Hefts. Wie ist dieser Reagan eigentlich einzuschätzen? Als Politiker, als Mensch und als Part der Berliner Geschichte? Ein Film wurde gezeigt, das neue Buch vorgestellt und die Besucher mit auf eine kleine Reise in die Vergangenheit genommen.
Der Trump der 1980er Jahre
In einem war sich das Podium einig: Ja, in Teilen war Reagan der Trump der 1980er Jahre. Er war ein Underdog. Er wurde nicht ernst genommen. Er polarisierte. Und doch war er irgendwie anders als Trump. „Reagan war offener für Alternativen und Ratschläge. Er hat zugehört“, sagt Autor Schöne. „Er hatte große politische Erfahrungen, war ein Profi durch und durch“, ergänzt Görtemaker.
„Er konnte Menschen für sich gewinnen, war charmant und witzig. Und er konnte delegieren“, sagt Ex-Bürgermeister Diepgen, der sich an diesem Abend zunehmend als Reagan-Fan outet. Besonders in Erinnerung bleibt den Anwesenden der historische Auftritt 1987 vor dem Brandenburger Tor, bleiben die elf Worte, die Reagan an Gorbatschow richtete: „Mister Gorbatschow, open this gate! Mister Gorbatschow, tear down this wall!"
Aus Reagans Regierungszeit lernen
Die damalige Staatspräsidentin Bergmann-Pohl erinnert sich: „Es war ein Hoffnungsschimmer. Auch wenn keiner mehr daran geglaubt hatte, dass sich etwas ändert. Man hatte sich eingerichtet.“ „Seine Rede war zukunftsorientiert, gegen den Zeitgeist“, sagt Diepgen. Neben der Wiedervereinigung habe sich der damalige US-Präsident zudem für die wirtschaftliche Stärkung ganz Berlins und die olympischen Spiele im geteilten Berlin ausgesprochen. Was damals als „unmögliche Formulierungen“ abgetan wurde, erwies sich Jahre später als weise Worte. Reagan so schien es, war seiner Zeit voraus. „Er war ein wichtiges Element einer komplexen Entwicklung“, resümiert Jens Schöne. Inwieweit Veränderungen erst zu jener Zeit denkbar waren und seinem Vorgänger aufgrund politischer Umstände verwehrt blieben, darüber bleibt das Podium uneins.
Zum Schluss gibt Diepgen zu bedenken, dass der gesamte politische und gesellschaftliche Diskurs damals wie heute zu einseitig war. Er warnt vor zu schnell gefällten Urteilen. „Was wir lernen können, ist in der Öffentlichkeit nicht zu weit zu gehen." Vom Publikum gibt es dafür Applaus.