Senatorin Lompscher duldet Mietsteigerung: Auch Gewobag erhöht Mieten
Ado erhöhte Mieten kurz vor dem umstrittenen Immobilienverkauf an Gewobag. Senatorin Lompscher belässt es dabei.
Viel Geld bezahlt – und jetzt noch niedrigere Mieteinnahmen als geplant? Der umstrittene Deal der Gewobag, die der privaten Firma Ado knapp 6.000 Wohnungen abkaufte und dafür 920 Millionen Euro bezahlte, bringt nun die Mieter der Objekte und die Senatorin für Stadtentwicklung auf.
Kurz vor der förmlichen Übergabe der Immobilien in kommunalen Besitz treten zahlreiche Mieterhöhungen in Kraft. Erhöht wurden die Mieten trotz Mietenstopp, den der Senat per Mietendeckel-Beschluss im Juni herbeiführte.
Mehr Miete zahlen soll etwa Regina V. aus der Heerstraße 364. Sie erhielt am 2. August ein Schreiben von der Ado Immobilien Management, wonach sie „seit 15 Monaten unverändert“ dasselbe zahle und weniger als die „ortsübliche Vergleichsmiete“. Als Grundlage wird der im Mai beschlossene „Mietspiegel 2019“ genannt. Dieser rechtfertige im Fall der Wohnung an der Heerstraße eine „Mieterhöhung um 15 Prozent“.
Auch Mieter anderer Häuser im Quartier „Heerstraße Nord“, das ursprünglich der landeseigenen GSW gehörte, erhielten Mieterhöhungen. Die Heerstraße Nord gilt als sozialer Brennpunkt mit niedrigen Einkommen. Die Mieterhöhungen treten am 1. November in Kraft, bis Ende diesen Monats müssen die Mieter zustimmen.
Wer das nicht tut, dem droht Ado: „ohne nochmalige Ankündigung zur Erlangung der Zustimmung gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen“. Der Senat hatte die komplette GSW im Jahr 2004 für 409 Millionen Euro verkauft. 2015 erwarb die Ado 5750 GSW-Wohnungen für 375 Millionen Euro. Fast dreimal so viel bezahlt die Gewobag nun für den Rückkauf dieser Wohnungen.
Mieterhöhung bis 1. Dezember möglich
Bei der landeseigenen Firma hieß es auf Anfrage: „Diese Mieterhöhungen waren der Gewobag nicht bekannt.“ Geplant sei die Übernahme für den 1. Dezember. Dann werde „die rechtliche Wirksamkeit vereinbarter Mieterhöhungen“ geprüft.
Gewobag-Chefin Szena Michaelis hatte sich aber in einem Interview mit der „Berliner Zeitung“ festgelegt: „Wenn der Mieter der Erhöhung zugestimmt hat und sie ist rechtswirksam, dann gilt diese Miete auch. Für uns ist maßgeblich, was am 1. Dezember 2019 wirksam ist.“ Sie bleibe dabei, hieß es auf Anfrage.
Auf Konfliktkurs geht sie damit zur Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher. Die Linken-Politikerin sagte auf Tagesspiegel-Anfrage: „Die von der Ado Properties ausgesprochenen Mieterhöhungsverlangen laufen den Zielen des Gesetzesvorhabens für einen Mietendeckel zuwider.“
Wer Mieterhöhung ignorierte, muss auch nicht zahlen
Lompschers Kompromiss: „Mit der Geschäftsführung der Gewobag wurde vereinbart, dass bei Mietern, die den Erhöhungen bis zur Übernahme der Bestände am 1. Dezember nicht zugestimmt haben, kein Verfahren eingeleitet und die Mieterhöhungen somit nicht wirksam werden“.
Schlechte Nachrichten sind das für die vielen Haushalte, deren Mieter aus Angst wegen der Drohung der Ado-Geschäftsführung, sie vor Gericht zu zerren, die Mieterhöhung hingenommen haben. Nur wer das Risiko des Widerspruchs auf sich nahm, wird belohnt.
Nicht mal der Berater beim Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbund, Marcel Eupen, der viele Fälle bearbeitet, riet Mietern bisher zum harten Kurs: „Wir können Mietern nicht das Risiko von Gerichts- und Anwaltskosten aussetzen, wenn diese Mieterhöhungen nach dem Mietspiegel gültig sind.“ Mit der Erklärung der Senatorin sei das nun anders, doch diese komme für die meisten Mieter zu spät.
Bei Ado hieß es: Trotz „sozialer Verantwortung“ sei es „jedoch erforderlich, Anpassungen der Mieten im Rahmen der gesetzlichen Regelungen vorzunehmen.“ Der Mietendeckel sei ein „noch nicht beschlossener Entwurf, der keine Rechtswirksamkeit entfaltet“.