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Auftakt der Sondierungsgespräche in Berlin.
© imago images/Political-Moments
Update

Berliner SPD sondiert mehr als zehn Stunden: „Auch für Konfliktthemen kann es Lösungen geben“

Die erste Sondierungsrunde zwischen SPD; Linken und Grünen ist vorüber. Es sei konstruktiv gewesen, heißt es. Die Grünen wollen nun Linken und FDP sprechen..

Es sollte ein langer Verhandlungstag werden. Fünfeinhalb Stunden saßen allein schon SPD und Grüne am Freitag ab 9 Uhr bei der ersten Sondierungsrunde in der SPD-Parteizentrale zusammen. Über konkrete Inhalte bewahrten beide Seiten danach Stillschweigen. Wichtig bei diesen Runden sind aber auch die Atmosphäre und die Verpflegung, für die der Gastgeber, in diesem Fall die SPD, zu sorgen hat.

Zum Mittagessen gab es Süßkartoffel-Kokossuppe, Schnittchen, Panna Cotta und vorher Bio-Müsliriegel. Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch sagte, dass sie mit den Müsliriegeln SPD-Partei- und Fraktionschef Raed Saleh „zwischendrin durchfüttern musste“. Die Grünen-Politikerin betonte, es seien „sehr konstruktive Gespräche gewesen, die sich wirklich an den großen Themen, die diese Stadt in den nächsten Jahren anzugehen hat, orientiert haben“. Es habe sich gezeigt, dass es „auch für unsere Konfliktthemen überall Lösungen geben kann. Das freut mich erst mal sehr“.

Jarasch ging auf die Themen nicht näher ein. Sie freue sich auf die „Vertiefung der Gespräche“. Es wird also eine zweite Sondierungsrunde zwischen SPD und Grünen in der kommenden Woche geben. SPD-Partei- und Fraktionschef Raed Saleh kam gegen 14.30 Uhr aus dem Kurt- Schumacher-Haus in der Müllerstraße und gab ein knappes Statement ab. „Es waren Gespräche in konstruktiver und guter Atmosphäre. Jetzt werden heute noch Sondierungen mit der Linken aufgenommen und am Montag mit der CDU und FDP.“

Protest vor der SPD-Zentrale

Vor der Sondierungsrunde am Freitagmorgen zwischen SPD und Grünen versammelten sich rund 50 streikende Beschäftigte von Vivantes und Charité gegenüber der SPD-Parteizentrale in der Müllerstraße. SPD-Spitzenkandidatin und Parteichefin Franziska Giffey kam mit Co-Parteichef Raed Saleh aus dem Kurt-Schumacher-Haus heraus und sicherte den Pflegenden zu, sich für ihr Anliegen nach besseren Tarifverträgen einzusetzen. 

Die grüne Verhandlungsgruppe mit den Parteichefs Nina Stahr und Werner Graf sowie der Spitzenkandidatin Bettina Jarasch wurde von den drei weiteren Verhandlungsführern der SPD, Ina Czyborra, Iris Spranger und Andreas Geisel (alle stellvertretende Landesvorsitzende) begrüßt.

Ab 16 Uhr kam dann die Linkspartei in die Parteizentrale der SPD. Ein Selfie zusammen gab es nicht, dafür ein Gruppenbild mit SPD- und Linken-Verhandlern. Für die Linkspartei waren Spitzenkandidat Klaus Lederer, Landeschefin Katina Schubert, die beiden bisherigen Fraktionschefs Anne Helm und Carsten Schatz und Landesgeschäftsführer Sebastian Koch.

„Wir gehen in die Gespräche mit dem Ziel, Koalitionsverhandlungen zu führen“, sagte Parteichefin Schubert dem Tagesspiegel vor dem Termin. Zwei Punkte sind in diesem Gespräch entscheidend dafür, ob es weitere Sondierungsrunden gibt.

Zum Abendessen gibt es Putenbrust-Wraps

Erstens: Finden Linke und SPD einen gemeinsamen Weg, wie mit dem Ausgang des Volksentscheids zur Enteignung von Wohnungsunternehmen umgegangen wird? Und zweitens: Können sie eine tragfähige Strategie für eine mittelfristige Finanzplanung entwickeln?

Franziska Giffey kündigte an, dass ein Gesetzestext, der ausgearbeitet werden muss, rechtssicher sein müsse. Der zweite Aspekt sind die Finanzen. Angesichts weiterer Investitionen und coronabedingten Mindereinnahmen in den nächsten Jahren muss eine gemeinsame, mittelfristige Finanzstrategie gefunden werden.

Es wurden schwierige Gespräche erwartet, beide Parteien saßen bis in den späten Abend zusammen. Verpflegt wurden die Verhandler mit Putenbrust-Wraps und Sandwiches mit Camembert. Erst nach 21 Uhr verließen die Linken die SPD-Zentrale. Parteichefin Schubert sprach von „konstruktiven und freundlichen“ Gesprächen.

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Noch am Abend hatten die Grünen mitgeteilt, sie wollten nicht nur ein zweites Mal mit den Sozialdemokraten sprechen, sondern selbst auch mit Linkspartei und FDP sondieren – also in Richtung Rot-Grün-Rot oder Ampel-Koalition. Zuerst wollen sie am Montag mit der Linkspartei sprechen. Beide Parteien hatten zuletzt betont, das rot-rot-grüne Regierungsbündnis fortführen zu wollen.

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Am Montag erwartet die SPD um 9 Uhr die CDU zu Sondierungen. Die CDU-Runde bilden Partei- und Fraktionschef Kai Wegner, Generalsekretär Stefan Evers, die stellvertretenden Landesvorsitzenden Manja Schreiner und Frank Balzer sowie Cornelia Seibeld, Vizepräsidentin des Abgeordnetenhauses.

Wegner stellte nach seiner Wahl zum Fraktionschef klar, dass die CDU für einen Neustart in Berlin bereit sei. "Dass dieser dringend notwendig ist, ist nicht erst durch das haarsträubende Wahlchaos deutlich geworden. Auch die Berlinerinnen und Berliner wollen, dass Berlin seine Chancen endlich nutzt. Wir stehen bereit, Verantwortung zu übernehmen. Wir werden aber nur in eine Regierung eintreten, wenn es einen echten Politikwechsel gibt. Schluss mit Ideologie, her mit pragmatischer Politik. Schluss mit Gegeneinander, her mit Lösungen, die für alle funktionieren", sagte Wegner. 

Konstruktiv und lösungsorientiert werde man in die Sondierungsgespräche gehen. Allerdings wolle man "nicht um jeden Preis regieren, sondern nur, wenn sich wirklich etwas ändert, wenn wir es hinbekommen, dass Berlin wieder an allen Stellen funktioniert", sagte Wegner.

Die FDP wird am Montagnachmittag ab 16 Uhr in der SPD-Parteizentrale in der Müllerstraße erwartet. Der FDP-Landesvorsitzende Christoph Meyer sagte dem Tagesspiegel, man wolle "ein Gefühl bekommen, ob die SPD und Franziska Giffey einen Neustart wollen".

Giffey kann sich die Koalitionspartner aussuchen

Die FDP-Verhandlungsgruppe bilden Meyer, dazu Fraktionschef, Landesvize und Spitzenkandidat Sebastian Czaja, die parlamentarischen Geschäftsführer Paul Fresdorf und Björn Jotzo sowie die stellvertretende Landesvorsitzende Daniela Kluckert.

Am Mittwoch wollen sich CDU und FDP zu einer eigenen Sondierungsrunde ab 15 Uhr in der CDU-Landesgeschäftsstelle treffen. Die Sondierungsgespräche sollen in der kommenden Woche vor Beginn der Herbstferien abgeschlossen sein.

Die SPD mit der designierten Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey als Spitzenkandidatin hatte die Wahl am vergangenen Sonntag gewonnen. Sie kann sich die Koalitionspartner aussuchen. Möglich sind unter ihrer Führung verschiedene Dreierbündnisse: Die SPD könnte wie bisher mit Grünen und Linken koalieren, aber auch mit CDU und FDP oder mit Grünen und FDP.

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