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Viele Firmengründerinnen und -gründer waren in der Cotrona-Not auf Hilfe privater und staatlicher Geldgeber angewiesen.
© imago images/Westend61

Gewerbeanmeldungen in Berlin: Auch Corona kann den Gründungsboom nicht stoppen

Im ersten Halbjahr 2020 wurden in Berlin und Brandenburg weniger Firmen gegründet. Trotzdem wurden mehr Gewerbe an- als abgemeldet.

Berliner und Brandenburger haben im ersten Halbjahr deutlich weniger Gewerbe angemeldet als ein Jahr zuvor. Der Rückgang lag bei jeweils rund sechs Prozent. Es wurden aber weiterhin mehr Unternehmen neu gegründet als abgemeldet, wie aus Zahlen des Amts für Statistik Berlin-Brandenburg von Dienstag hervorgeht (hier als PDF). In Berlin standen demnach rund 20.000 Anmeldungen etwa 14.000 Abmeldungen gegenüber, in Brandenburg gab es knapp 9300 Zugänge und rund 8500 Abgänge (hier Zahlen im PDF).

In beiden Bundesländern gab es in den Branchen, die die Statistiker unter „Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen“ zusammenfassen, die meiste Bewegung: Zumindest in Berlin sah es im Baugewerbe ähnlich aus. Im Grundstücks- und Wohnungswesen und dem Verarbeitenden Gewerbe gab es hingegen kaum Bewegung. Der Frauenanteil unter den Gewerbeanmeldenden lag mit knapp 35 Prozent in Brandenburg ein wenig höher als in Berlin – hier waren es knapp 30 Prozent.

Die Gründungsdynamik ließ damit insgesamt nach, fassen Statistiker das Bild zusammen. Inwiefern dies mit Folgen der Corona-Pandemie zusammenhängt, ist aber noch unklar. Effekte von Wirtschaftskrisen zeigten sich in der Gewerbestatistik in der Regel erst einige Monate später, bemerkte das Amt. Eine Rolle könnten neben der wirtschaftlichen Unsicherheit demnach eingeschränkte Öffnungszeiten und Personalengpässe in den Gewerbeämtern spielen.

Für Volkswirte ist die Zahl der Gewerbeanmeldungen ein wichtiger Konjunkturindikator, obwohl dieser auch in die Irre führen kann, sofern man ihn ganz ohne andere Indikatoren betrachtet: So deutet eine besonders hohe Zahl an Gewerbeanmeldungen zwar auf eine große wirtschaftliche Aktivität hin, was man gemeinhin mit Wirtschaftswachstum verbindet.

Konjunkturindikator kann leicht missverstanden werden

Auf der anderen Seite wurde auch beobachtet, dass die Zahl der Firmengründungen in Krisenzeiten zunimmt. So versuchen einige Menschen, die gerade ihren Job in einer abhängigen Beschäftigung verloren haben, offenbar den Abstieg in Arbeitslosigkeit durch den Schritt in die (Solo-)Selbstständigkeit zu vermeiden. Die Zahlen der Gewerbemeldungen für das zweite Halbjahr, die das statistische Landesamt im Februar 2021 vorlegen wird, dürften schon deutlich mehr über die Folgen der Krise verraten.

Nachdem der Senat in einer umstrittenen Aktion vor allem Soloselbstständige entlastet hatte, indem er an diese Gruppe Soforthilfen über die landeseigenen Förderbank IBB ohne gründliche Einzelfallpüfungen ausgeschüttet hatte (was nun die Staatsanwaltschaft beschäftigt) brachte er vor einem Monat auch Hilfen für mittelständische Gewerbetreibende auf den Weg. Die Summe in dem Topf für die „Soforthilfe Gewerbemieten“ beträgt 90 Millionen Euro. Unternehmen mit zehn bis 249 Beschäftigten, die bislang keine Soforthilfen in Anspruch nehmen durften, bekommen Zuschüsse in Höhe von 50 Prozent ihrer Gewerbemieten für die Monate April und Mai dieses Jahres – maximal jedoch nur bis zu 10 000 Euro.

Eine im März auf Basis älterer Daten veröffentlichen Studie der bundesweiten „Initiative für Gewerbevielfalt“ hatte für Berlin herausgearbeitet, dass die „Gewerbevitalität“ kleiner Geschäfte, Dienstleistungs- und Handwerksbetriebe im Bezirk Mitte am höchsten ist, gefolgt von Tempelhof-Schöneberg und Friedrichshain-Kreuzberg. In Marzahn-Hellersdorf und Steglitz-Zehlendorf, am Stadtrand, hat das Gewerbe es laut dieser Analyse hingehen eher schwer – auch ohne Corona.

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