Universität Potsdam: AStA macht Slipeinlagen zum Politikum
Campus-Tüten sind bei vielen Studenten beliebt. Für die anderen sind sie ein überholter Ausdruck des binären Geschlechtersystems.
Jahrelang wurden an der Universität Potsdam zum Semesterstart Campus-Tüten verteilt – kleine Papiertüten, gefüllt mit Getränken, Snacks und anderen Produktproben, eine gute Werbegelegenheit für die Hersteller. Kaum machten die Vorlesungen an der Universität Pause, gab es einen Run zum Verteil-Stand, lange Schlangen inklusive. Klingt unproblematisch? Für manche ist es ein Politikum.
Auf Drängen des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) hat die Uni-Leitung entschieden: Seit diesem Sommersemester – Beginn war Mitte April – dürfen keine Tüten mehr verteilt werden. Das bestätigten sowohl eine Uni- als auch eine AStA-Sprecherin.
Gegen das „binäre Geschlechtersystem“
Die Kritik des AStA erinnert dabei an die Debatte um die Frauenmund-Pissoirs in Potsdams neuem Club Pirschheide, es geht erneut um Sexismus-Vorwürfe. Das Unternehmen Unicum nämlich verteilte bundesweit an den Universitäten, auch in Potsdam, separate Männer- und Frauentüten. Was dem AStA missfällt: Für die Frauen gibt es „parfümierte Slipeinlagen und Sekt“, für die Männer „Kondome und ein Motorradmagazin“. Das zementiere Geschlechterklischees, heißt es auf der AStA-Facebookseite. Überhaupt sei man gegen das „binäre Geschlechtersystem“.
Unkritisches Konsumieren
Der Potsdamer AStA kritisiert auch, dass durch die Tüten unnötiger Abfall entstanden sei. Nicht gewolltes Werbematerial sei von den Studenten achtlos weggeworfen worden. Mit dem Verbot will der AStA also gleichsam ein Zeichen gegen Umweltverschmutzung setzen. Ganz grundsätzlich kritisiert der AStA noch: Es sei bei der Verteilaktion darum gegangen, die Studenten anzufüttern, damit diese in Zukunft wieder die gleichen Produkte kaufen. „Für uns soll der Campus ein von großen Konzernen unabhängiger Ort zum kritischen Denken und nicht zum unkritischen Konsumieren sein.“
Bitte keine Bevormundung
Dieser letzte Satz hat dem AStA einige Kritik eingebracht. „Der AStA spricht damit den Studenten der Universität Potsdam die Fähigkeit ab, den Inhalt der Tüten zu bewerten und selbst zu entscheiden, ob sie die Unicum-Tüten gut finden oder nicht“, sagt etwa Joshua Acheampong, Vize-Landeschef des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS). Er wirft dem AStA eine „Bevormundungspolitik“ vor. Statt Slipeinlagen für alle gibt es an der Universität jetzt also Slipeinlagen für niemanden – zumindest, wenn es nach der Entscheidung der Universitätsleitung geht. Vor einigen Wochen aber – es war Mitte Mai – stand am Uni-Campus Griebnitzsee wieder ein Stand. Verteilt wurden die Unicum-Tüten, wie Studenten berichteten. Warum das trotz Verbots passierte, wird jetzt geprüft.
René Garzke