20 Jahre Bundesregierung in Berlin: Arbeitsteilung mit Bonn kostet jährlich Millionen
Vor 20 Jahren begann die Bundesregierung ihre Arbeit in Berlin. Viele Mitarbeiter sind aber bis heute in Bonn - die Folgen für Haushalt und Klima sind enorm.
Die Aufteilung der Bundesregierung auf Berlin und Bonn hat im vergangenen Jahr mindestens 8,6 Millionen Euro gekostet. Alleine für die 18 730 durch die Teilung verursachten Dienstreisen zwischen beiden Standorten flossen 6,2 Millionen Euro aus der Staatskasse. 12 559 dieser Reisen und damit rund zwei Drittel wurden mit dem Flugzeug absolviert.
Das geht aus einer Antwort der Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage des Linksfraktionschefs Dietmar Bartsch hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Nicht in der Statistik berücksichtigt ist das Bildungsministerium, das keine Zahlen vorgelegt hat.
Am 1. September vor 20 Jahren nahmen Bundesregierung und Bundestag offiziell ihre Arbeit in Berlin auf. Trotzdem ist bis heute noch etwa jeder dritte ministerielle Arbeitsplatz in Bonn angesiedelt. Sechs von 14 Ministerien haben sogar noch ihren ersten Dienstsitz in der ehemaligen Hauptstadt am Rhein: Bildung und Forschung, Gesundheit, Landwirtschaft, Umwelt, Verteidigung und Entwicklung. Die Ministerien, deren erster Dienstsitz Berlin ist, haben einen zweiten Sitz in Bonn. Das bedeutet, dass alle Ministerien auf zwei Standorte aufgeteilt sind.
Seit 2016 sind die Kosten sogar wieder angestiegen
Was die Zweiteilung der Bundesregierung in den vergangenen 20 Jahren insgesamt gekostet hat, ist unklar. Erst seit 2010 gibt es darüber Statistiken in den sogenannten Teilungskostenberichten - allerdings gibt es auch hier Lücken. So fehlen die Zahlen für 2015 laut Finanzministerium wegen einer Umstellung in der Erfassung.
In den acht Jahren 2010 bis 2014 und 2016 bis 2018 kostete die Zweiteilung der Regierung zusammen 69,5 Millionen Euro, also durchschnittlich 8,7 Millionen Euro pro Jahr. Von dieser Summe wurden 40,5 Millionen für 168 383 Dienstreisen aufgewendet, davon wiederum 25 Millionen oder 61,8 Prozent für Flüge.
Seit 2016 sind die Kosten sogar wieder angestiegen. Die Zahl der teilungsbedingten Dienstreisen war 2017 mit 22.330 so hoch wie seit 2011 nicht mehr. 2018 verursachte die Zweiteilung der Regierung durchschnittlich 62 zusätzliche Dienstreisen pro Werktag, darunter 41 Flüge zwischen Bonn und Berlin.
„In der Geschichte der Menschheit hat sich alles irgendwann verändert“
Bartsch nennt das ineffizient, klimaschädlich und finanziell unverantwortlich. „Jetzt, fast 30 Jahre nach der deutschen Einheit, ist es Zeit, die Bundesregierung vollständig in der Hauptstadt anzusiedeln“, sagte er. Bonn sei inzwischen prosperierender Kultur-, Bildungs- und Forschungsstandort und der bedeutendste Sitz der Vereinten Nationen in Deutschland. „Ein kompletter Regierungsumzug ist auch daher überfällig.“
Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov vom April wünscht sich eine klare Mehrheit der Deutschen einen kompletten Umzug vom Rhein an die Spree: 55 Prozent der Befragten sprachen sich dafür aus und nur 27 Prozent waren dagegen. Selbst in Nordrhein-Westfalen, wo die frühere Bundeshauptstadt Bonn liegt, gibt es mit 47 zu 36 Prozent eine Präferenz für einen Komplettumzug.
Dagegen stemmt sich allerdings die nordrhein-westfälische Landesregierung. Sie will mit der Bundesregierung bis Ende dieses Jahres eine Zusatzvereinbarung zum Berlin/Bonn-Gesetz von 1994 aushandeln, das die Aufteilung der Regierung regelt. Ziel ist es, Bonn als zweites bundespolitisches Zentrum zu stärken. Außerdem soll seine Position unter anderem als UN-Standort und Kompetenzzentrum für Cyber-Sicherheit ausgebaut werden.
Im Bundestag gibt es kein klares Meinungsbild zur Bonn-Berlin-Frage. Als Parlamentspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) kürzlich in einem Interview der „Berliner Zeitung“ zur regionalen Arbeitsteilung der Bundesregierung gefragt wurde, antwortete er vielsagend: „In der Geschichte der Menschheit hat sich alles irgendwann verändert.“ Das Bonn/Berlin-Gesetz gelte. „Mehr sage ich zu dem Thema nicht mehr. Punkt.“ (dpa)
Michael Fischer
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