Ambulanten Dienste: AOK und Pflegedienste streiten um Millionen
Die AOK musste Wohlfahrtsverbänden viel Geld zahlen, damit die es an ihre Pfleger weiterreichen. Die Kasse klagte dagegen: Die ambulanten Dienste sollten nachweisen, dass die Mittel auch dafür verwendet werden.
Für die Pflege in Berlin geht es in diesen Wochen um Millionen. Seit Jahren streiten Wohlfahrtsverbände mit der Krankenkasse AOK um Geld für ihre ambulanten Dienste. Nach einem kürzlich erfolgten Schiedsspruch war die AOK verpflichtet worden, den Wohlfahrtsverbänden rund 9,5 Millionen Euro zu zahlen. Davon sollen die gestiegenen Löhne der Schwestern und Pfleger finanziert werden. Die Kasse klagte dagegen vor dem Landessozialgericht.
Bis zum Urteil vergehen Jahre
Vertreter der AOK und der Verbände verhandeln aber weiter, denn Sozialgerichtsverfahren dauern lange, ein Urteil wird erst 2016 erwartet. Die Verbände wollen, dass die AOK die Klage zurückzieht. Fast 250 Pflegekräfte haben sich deshalb über Twitter und Facebook an AOK-Regionalchef Frank Michalak gewandt. Die AOK hat das Geld zwar überwiesen, die Verbände weisen aber darauf hin, dass es bis zu einem Urteil nur vorläufig verfügbar sei. Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz, Arbeiterwohlfahrt und Paritäter wollen mit dem Geld die 12,3 Prozent ausgleichen, um die Pflegerlöhne seit dem Jahr 2011 gestiegen sind.
Knappe Löhne
Bei Diakonie und Caritas sind Gewerkschaften unüblich, interne Kommissionen legen die Löhne fest. Diese orientieren sich zwar an Gewerkschaftstarifen – bleiben aber in einigen Fällen darunter. Dennoch sind die Löhne auch bei den Wohlfahrtsverbänden nominal gestiegen: Das heißt, die Summe auf der Gehaltsabrechnung wurde seit 2011 um 12,3 Prozent größer. Weil auch die Preise stiegen, können sich viele Pfleger dennoch nicht mehr leisten. Eine ausgebildete Fachkraft mit mehrjähriger Berufspraxis bekam 2011 für eine übliche 30-Stunden-Woche rund 2100 Euro brutto. Dieses Jahr sind es 250 Euro mehr. Angelernte Helfer erhalten oft elf Euro die Stunde.
Pfleger steigen im Schnitt nach sieben Jahren aus
Der Job ist hart, die Arbeitszeiten ungünstig, viele der Bedürftigen werden morgens und abends für ein paar Stunden gepflegt. Im Schnitt wechseln Pfleger nach sieben Jahren den Job, es fehlen Fachkräfte. Dies dürfte der Schlichter berücksichtigt haben, der sich für die vollen 12,3 Prozent ausgesprochen hat. Verbände und AOK hatten den Juristen als Schiedsrichter akzeptiert.
AOK: Gute Löhne nachweisen
Im aktuellen Streit geht es um 8000 Pfleger, die schätzungsweise rund 10 000 AOK-Versicherte zu Hause versorgen. Mit insgesamt 740 000 Versicherten ist die AOK die größte Kasse in Berlin. Eine Sprecherin sagte, die Pfleger sollten durchaus nach Tarif bezahlt werden. Die Verbände müssten die „Bezahlung transparent und nachweisbar“ machen. Bislang kosten aus Sicht der Kassen allerlei Maßnahmen in den ambulanten Diensten viel Geld, die wenig mit Pflege zu tun hätten. Auch der Schlichter hatte sich für Strukturveränderungen ausgesprochen.
Diakonie: Zahlen gut, müssen aber Datenschutz beachten
Die Diakonie, die stellvertretend für die gemeinnützigen Verbände spricht, teilte mit: Der Schlichter habe deutlich gemacht, Tariflöhne stellten einen Rechtsanspruch dar. Sie müssten also nicht einzeln belegt werde. Nachweise für alle Beschäftigten an die Kasse zu geben, wäre mit dem Datenschutz unvereinbar.
AOK streitet auch mit dem Senat
Die AOK steht ohnehin unter Druck. Mit dem Senat streitet die Kasse um die Bezahlung von Rettungsfahrten der Feuerwehr. „Die AOK hat die härtesten Verhandler unter den gesetzlichen Krankenversicherungen“, sagte ein hoher Beamter. Sozialsenator Mario Czaja (CDU) kommentierte den Streit nicht. Auf dem Berliner Pflegemarkt konkurrieren 130 gemeinnützige und 400 kommerzielle Dienste um Patienten.