Schmiergeldaffäre am Flughafen BER: Anti-Korruptionsbeauftragte sieht keine Versäumnisse
Die Schmiergeldaffäre am BER setzt die Flughafengesellschaft und Hartmut Mehdorn unter Druck. Die Anti-Korruptionschefin Elke Schaefer weist den Vorwurf der Untätigkeit von sich. Es habe schon damals eine interne Untersuchung gegeben.
Im Imtech-Korruptionsskandal stehen die Flughafengesellschaft und deren scheidender Vorstandschef Hartmut Mehdorn massiv unter Druck. Die BER-Anti-Korruptionsbeauftragte, die frühere Berliner Wirtschaftsstaatsanwältin Elke Schaefer, geht jetzt in die Offensive – und weist die Vorwürfe der Untätigkeit zurück. „Wir haben keine Hinweise ignoriert“, sagte Schaefer am Montag dem Tagesspiegel. „Ich kann auch mit den Erfahrungen meiner beruflichen Vita in dem Fall keine Versäumnisse des Flughafens erkennen.“ Sie war von Anfang an selbst damit befasst. Die 53-Jährige ist seit September 2014 angestellter Compliance Officer der Flughafengesellschaft, verantwortlich für Prävention und Bekämpfung von Korruption. Zuvor war sie – noch als Anwältin – seit 2010 externe BER-Ombudsfrau, bei der unter Wahrung der Anonymität Hinweise auf Wirtschaftsdelikte bei dem Milliardenprojekt angezeigt werden konnten.
Korruption und Wirtschaftskriminalität sind seit Langem ihr Spezialgebiet: Schaefer war Wirtschaftsstaatsanwältin in Berlin, zuständig für Großverfahren; sie war in der Forensikabteilung bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG tätig; Chefin einer Sonderabteilung für Wirtschaftsdelikte bei der Treuhandnachfolgebehörde des Bundes. Im Potsdamer Stadtwerkeskandal leitete sie die eingesetzte Transparenzkommission.
Der Imtech-Fall begann, als beim Flughafen am 11. Juni 2013 ein anonymes Schreiben mit einem Hinweis auf Bestechung des Baubereichsleiters Francis G. einging, adressiert an die neue BER-Finanzgeschäftsführerin Heike Fölster. Und diesem Vorwurf sei nachgegangen worden, sagt Schaefer. „Daraufhin wurde eine interne Untersuchung veranlasst, die ich selbst mit begleitet habe.“ Man habe sich die Vergaben an Imtech angeschaut, mit Mitarbeitern gesprochen, auch Kontakt zum Konzern aufgenommen. „Die Hinweise konnten nicht verifiziert werden. Sie waren viel zu vage.“ Nach ihrer Berufserfahrung wären auf Grundlage dieses Schreibens auch keine staatsanwaltlichen Ermittlungen eingeleitet worden. „Man muss da verdammt vorsichtig sein, weil mit anonymen Hinweisen Mitarbeiter auch schnell verleumdet werden können.“
Imtech-Chef rief bei Hartmut Mehdorn an
Das Schreiben („Betr: Korruption am BBI - Berlin“) umfasst 19 Zeilen. „Herr Francis G. wurde und wird von den nachfolgenden Herren in Millionen Höhe geschmiert“, heißt es darin. „Wem kann man noch trauen?“ Erwähnt werden dann Namen der Manager von zwei Firmen, darunter von Imtech. Von denen werde G. „momentan immens unter Druck gesetzt, um Schaden von o.g. Firmen abzuwenden.“ Es folgen als Stichworte „Überzahlung, Mängel an der Ausführung und nicht erbrachten Leistungen die in Rechnung gestellt wurden.“ (Anm.: Fehler wie im Original). Im Unterschied zu einem weiteren zweiseitigen anonymen Schreiben, das um den Jahreswechsel 2014/15 an den Vorsitzenden des Berliner BER-Untersuchungsausschusses Martin Delius (Piraten) und an Imtech ging, enthielt der Ersthinweis keine weiteren Details, etwa Angaben zum Weg des Schmiergeldes in den Imtech-Büchern.
So wurde laut Schaefer der Vorgang im August 2013 geschlossen. Zu einer Zeit, als sich der Flughafen, wie es heißt, aus anderen Gründen von G. trennte. Alles kam erst wieder ins Rollen, als am 1. Dezember 2014 der Imtech-Chef bei Hartmut Mehdorn anrief, berichtet Schaefer. Er habe Mehdorn mitgeteilt, dass es „Gerüchte“ gebe, wonach G. 200.000 Euro gefordert oder genommen haben könnte. Daraufhin sei am Flughafen erneut eine Untersuchung veranlasst worden. Schaefer sagt, sie habe Kontakt zu der Compliance-Abteilung von Imtech aufgenommen, woraufhin man eine Kooperation vereinbarte, darüber hinaus sei auch die Staatsanwaltschaft in Neuruppin eingeschaltet worden. Zu diesem Zeitpunkt sei man weder bei Imtech, noch am Flughafen fündig geworden.
Schlussrechnung gibt es noch nicht
Die Staatsanwaltschaft leitete am 15. Dezember, ausgelöst durch andere Hinweise, ein Ermittlungsverfahren gegen G. ein. Er soll Schmiergeld von Imtech genommen haben, im Gegenzug für Millionenüberweisungen, die Ende 2012 erfolgten, ohne vorherige Überprüfung, ob die Bauleistungen erbracht worden waren. Der Aufsichtsrat hatte diese Vorabzahlungen über 74 Millionen Euro am 7. Dezember 2012 an Imtech und eine Arbeitsgemeinschaft unter Beteiligung von Imtech freigegeben. Nach Einschätzung der Korruptionsbeauftragten ist der Flughafen hier aber auf der sicheren Seite. Diese Abschlagszahlungen seien über Bankbürgschaften abgesichert, sagt Schaefer. „Und es gibt noch keine Schlussrechnung von Imtech, die Prüfung der Nachträge läuft noch.“
Thorsten Metzner