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Aus Angst vor Anschlägen kommen weniger asiatische Touristen nach Berlin.
© Wolfgang Kumm dpa/lbn

Tourismus in Berlin: Angst vor Anschlägen führt zu weniger Gästen aus Asien

Trotz des Anschlags in Berlin wird die Stadt von vielen Gästen noch immer als sicher eingestuft. Doch die Besucherzahlen aus Asien sinken.

Die Angst vor Terroranschlägen in Europa hat offenbar auch Auswirkungen auf den Tourismus in Berlin – zumindest was Gäste aus asiatischen Ländern betrifft. Hatte der Anstieg der Touristenzahl aus Asien in den vergangenen Jahren noch im zweistelligen Bereich gelegen, betrug er von Januar bis Oktober 2016 – also noch vor dem Anschlag vom Breitscheidplatz – nur noch zwei Prozent. Das teilte die Tourismusfördergesellschaft "Visit Berlin“ mit. Deren Chef, Burkhard Kieker, vermutet, dass in asiatischen Medien spektakuläre Bilder von Terroranschlägen in Europa gezeigt werden, die die Menschen verunsichern.

"Sie haben das Gefühl, dass Europa sich aufgrund der Flüchtlingswelle und des Terrors in Unruhe befindet“, sagte Kieker dem Tagesspiegel. Allerdings, so stellt der Tourismusexperte fest, seien viele Gäste aus jener Region genauso schnell zu beruhigen, wie sie sich auch verunsichern lassen. Die meisten asiatischen Touristen verbinden Besuche in Berlin außerdem mit einer Europareise. Somit beachten sie eher die gesamt-europäische Situation. Kieker betont, man wolle weiterhin in Asien für Berlin als Reiseziel werben. "Dort gibt es viele Schwellenländer mit einer wachsenden Mittelschicht, für die Berlin attraktiv ist.“

Gesamtpolitische Lages eines Landes ist entscheidend

Dass Terrorismus Auswirkungen auf den Tourismus in einzelnen Ländern hat, beobachtet auch Dierk Heerwagen, Professor für Tourismus- und Eventmanagement an der bbw Hochschule in Berlin. Bei Untersuchungen habe er festgestellt, dass nicht einzelne Anschläge, sondern die gesamtpolitische Situation in einem Land entscheidend für die Auswahl des Reiselands sei.

Durch den Anschlag am 19. Dezember auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz stehe Deutschland allerdings vor einer neuen Situation. Dennoch: „Deutschland und auch Berlin werden weiterhin als sicher angesehen – sowohl von Ausländern, als auch von Deutschen“, so Heerwagen. Allerdings sagt er auch: „Wir können erst in Zukunft sagen, welche Auswirkungen Anschläge auf den Tourismus in Deutschland haben werden.“ Falls weitere Terroranschläge dazu kommen, könne sich die Situation auch ändern. Zu den unmittelbaren Folgen für den Tourismus in Berlin sagt Kieker: „Nach dem Anschlag hat es zwar vereinzelte Stornierungen gegeben. Viele haben allerdings nach zwei Tagen angerufen und gesagt, dass sie doch kommen möchten.“

Es sei entscheidend, wie eine Stadt 24 Stunden nach einem solchen Ereignis reagiere, und Berlin hat sich seiner Meinung nach gut geschlagen. Dieser Ansicht ist auch Heerwagen: „Die sachlichen Reaktionen der Berliner nach dem Anschlag haben sich nach meinem Gefühl positiv auf den Tourismus ausgewirkt.“

Tourismus in Berlin 2016 um zwei bis drei Prozent angestiegen

Knapp die Hälfte der in Berlin gezählten Übernachtungsgäste kam im vergangenen Jahr aus dem eigenen Land. Das macht bei einer Gesamtzahl von um die 30 Millionen Übernachtungen rund 15 Millionen von Januar bis Oktober 2016. Die zweitgrößte Gruppe waren Besucher aus Großbritannien, gefolgt von Gästen aus den USA, Spanien, Italien und den Niederlanden.

Insgesamt ist der Berliner Tourismus 2016 um zwei bis drei Prozent gewachsen, das ist weniger als in den Jahren zuvor. „Ich bin nicht euphorisch, aber beruhigt“, sagt Burkhard Kieker zu diesem Ergebnis. Auch wenn die Zeiten des großen Wachstums vorbei seien, der Tourismus an sich sei nicht gefährdet. „Die Strahlkraft von Berlin ist ungebrochen“, versichert er. „Die Leute kommen aus Neugierde und wegen des gewissen Lebensgefühls nach Berlin, auch nach dem Anschlag.“

Reiseführer stellen keine Veränderung fest

Auch Reiseführer in Berlin konnten am Freitag keine Veränderung im Vergleich zu Zeiten vor dem Anschlag feststellen. Touristen buchten nach wie vor Touren. Bereits am 22. Dezember, drei Tage nach dem Anschlag, sollte der Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz wieder ein Stopp der weihnachtlichen Lichterfahrt sein, wie eine Berliner Stadtführerin berichtet. Sie habe sich damals aber aus persönlichen Gründen entschieden, den Halt an den Potsdamer Platz zu verschieben.

Ronja Straub

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