Selbstbestimmte Geburt: „Angst bremst die Wehen“
Eine Hebamme erklärt, weshalb sich eine Eins-zu-eins-Betreuung positiv auf den Geburtsverlauf auswirkt.
Wenn man über Beleghebammen spricht, wissen viele nicht, was das eigentlich ist. Woran liegt das?
Ich denke, das liegt daran, dass es eine kleine Gruppe ist, zumindest in Berlin.
Warum sind es so wenige?
Meine Vermutung: Weil sie zwar in einem Krankenhaus arbeiten, aber die volle Verantwortung haben: Sie sind Unternehmerin und Hebamme in einem und tragen auch die Verantwortung für die Geburt allein, auch wenn sie die Klinik im Rücken haben. Die Dauerrufbereitschaft wird auch ein Grund sein. Es ist eine sehr belastende Form der Hebammenarbeit. In der Klinik im Schichtdienst kann man beispielsweise nach Dienstende nach Hause gehen. Bei Beleghebammen geht der Dienst sozusagen immer weiter. Es ist gar nicht so leicht, als Beleghebamme davon leben zu können, da eine Beleghebamme nicht mehr Frauen annehmen sollte, als sie realistisch betrachtet betreuen kann.
Was ist der Vorteil, eine Beleghebamme zu haben?
Es wirkt sich auf eine Geburt positiv aus, wenn die Frauen eine vertraute Person um sich haben. Wenn sie in der Klinik nicht so gut betreut werden, können sich Unsicherheit und Angst bremsend auf den Geburtsverlauf auswirken. Wehen können dann weniger werden oder auch ausbleiben. Es ist mittlerweile Konsens, dass eine kontinuierliche Eins-zu-eins-Betreuung weniger Interventionen nach sich zieht: Dabei geht es zum Beispiel um Kaiserschnitte, aber auch um Dinge wie den wehenfördernden Tropf, der verabreicht wird, wenn die Geburt ins Stocken gerät, oder auch die Gabe von Schmerzmitteln.
Nur diejenigen, die wissen, dass man mehr oder weniger sofort nach dem Schwangerschaftstest anfangen muss, Beleghebammen von infrage kommenden Kliniken zu kontaktieren, haben die Chance auf eine Zusage. Alle anderen, vor allem die, die sie vielleicht noch nötiger brauchen würden, gehen leer aus. Ist das nicht ungerecht?
So gesehen ja. Es gibt aber bisher kein Modell, um das zu ändern. Es müsste mehr strukturelle Unterstützung geben – wie bei allem, was die Geburtshilfe in Deutschland betrifft. Der runde Tisch der Geburtshilfe, bei dem der Senat gemeinsam mit allen beteiligten Akteueren im Gesundheitswesen Lösungen für eine Betreuung von Schwangeren und Gebärenden in Berlin finden soll, stagniert zum Beispiel – es gab für ihn seit längerem keinen Termin mehr, an dem sich die Beteiligten getroffen haben. Es geht ja um die Frage: Wie können wir das Personal, das da ist, wirklich sinnvoll verteilen. Die Politik setzt sich nicht erkennbar dafür ein, Lösungen zu finden.
Manchmal hört man auch Bedenken, wenn es um Beleghebammen geht – wenn eine Geburt sehr lange dauert, etwa 24 Stunden, dann ist sie am Ende erschöpft und müde und macht vielleicht Fehler. Ist da etwas dran?
Es ist etwas, das passieren kann. Das kann aber von der Klinik aufgefangen werden: Sie kann sich Unterstützung und Rat holen, eher als eine Hausgeburtshebamme. Aus meinen Erfahrungen weiß ich, dass das sehr selten passiert. Die Kolleginnen haben alle einen professionellen Umgang mit solchen Situationen gefunden.
Das Interview führte Daniela Martens
Katharina Kerlen-Petri ist Schriftführerin im Berliner Hebammenverband. Seit mehr als 30 Jahren ist sie als Hebamme tätig, seit 1991 bietet sie als Freiberuflerin Vor- und Nachsorge an.
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