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Die Mauer - wird erweitert: So sieht der Sieger-Entwurf von Winking Froh Architekten BDA für den Stralauer Platz 13 aus.
© promo

Neubauten auf ehemaligem Yaam-Gelände: An der East Side Gallery wird geklotzt

Auf dem ehemaligen Yaam-Gelände nahe der East Side Gallery sollen 300 Mietwohnungen und ein Hotel in zwei zwölf Stockwerke hohen Neubauten entstehen. Luxuslofts soll es nicht geben - aber auch keine Sozialwohnungen.

Die Mauer ist weg – nun wachsen die Wände in die Höhe. Direkt neben der East Side Gallery in Friedrichshain verschwindet der Strand an der Spree. Dort, wo früher vor allem Jugendliche im Kulturclub „Yaam“ Reggae-Partys feierten, verschwindet der Sand bald wieder unter dem Pflaster – eines gewaltigen Neubaukomplexes. Jedenfalls wurde ohne großes Aufsehen ein Wettbewerb zur Bebauung der Brache im hart umkämpften Gebiet der „Mediaspree“ entschieden – zugunsten des Architektenbüros Winking Froh. Und die Architekten haben ganz schön geklotzt: Auf der 9000 Quadratmeter großen Wasserlage bringen sie fast viermal so viel Nutzfläche unter, in zwölf Stockwerke hohen Wohnhäusern.

Wasserlage: Blick von der Spree auf das bebaute frühere Yaam-Grundstück, so wie es sich die Architekten ausmalen.
Wasserlage: Blick von der Spree auf das bebaute frühere Yaam-Grundstück, so wie es sich die Architekten ausmalen.
© Simulation: promo

Die gute Nachricht ist: Anders als im nahe gelegenen Hochhaus „Living Levels“ von Investor Maik Uwe Hinkel sollen am Stralauer Platz 13 keine Luxuslofts verkauft werden: „Wir bauen etwa 300 Mietwohnungen“, sagt Projektentwickler Wilhelm Hilpert. Die sollen zu den in Berlin eher mäßigen Mieten zwischen neun und 13 Euro pro Quadratmeter vergeben werden.

Sozialwohnungen seien nicht finanzierbar, sagt der Entwickler, dafür habe er zu viel Geld für das Bauland bezahlen müssen. Seine Architekten arbeiteten zurzeit am Bauantrag. Den will Hilpert „in ungefähr acht Wochen“ beim Bezirk einreichen, sodass im besten Fall im Herbst eine Genehmigung vorliegen könnte.

Fürchtet der Unternehmer nicht Proteste aus dem bürgerbewegten Quartier? „Wir haben auf die Wünsche Rücksicht genommen“, sagt er. Anders als in früheren Bauplänen für das Areal will er die historischen Gemäuer an der Grundstücksgrenze erhalten. Der Uferweg, den die Initiative „Mediaspree versenken“ erkämpft hatte, nennt Hilpert einen „wesentlichen Bestandteil der Planung“, weil die Besucher von dort zur East Side Gallery strömen, „muss der Uferweg besonders attraktiv gestaltet werden“.

Piraten-Vertreter kritisiert "Geheimnistuerei" und Baudichte

Die Architektenpläne für das Bauland sehen zwei Gebäude vor: Die Wohnungen kommen in einen Baukörper an der Spree, damit die Wohnungen zum Wasser gehen. Den zweiten Block stellen die Baumeister an die viel befahrene Straße Am Stralauer Platz. Darin ist ein Hotel vorgesehen, das die Wohnungen am Wasser vor Lärm und Abgasen abschirmt. Knapp 100 Millionen Euro soll das Ganze kosten, und wenn sie vermietet sind, will Hilpert die Bauten an eine Versicherung oder Pensionskasse verkaufen.

Unsere Grafik zeigt, welche Projekte entlang der East Side Gallery an der Spree geplant sind.
Unsere Grafik zeigt, welche Projekte entlang der East Side Gallery an der Spree geplant sind.
© Tagesspiegel

„Wohnen ist in einer derartigen Baudichte eigentlich nicht zulässig“, sagt Carsten Joost. Der Parteilose sitzt für die Piraten im Ausschuss für Stadtentwicklung des Bezirksparlaments von Friedrichshain-Kreuzberg und kritisiert die „Geheimnistuerei“ um die Planung der Neubauten am Uferstreifen: „Die Entscheidung in dem für den Bezirk so wichtigen Wettbewerb wurde nicht mal erwähnt im Parlament“, sagt er. Joost will am 22. April das Thema im bezirklichen Stadtplanungsausschuss aufbringen.

Die Pläne für die beiden Neubauten krankten daran, dass ursprünglich mal die Errichtung von Bürogebäuden auf der Brache geplant war, die nun mit Wohnhäusern bebaut werden. Die Folge sei eine so hohe Dichte, wie sie sonst in Wohngebieten nicht zulässig sei. „Da fällt das aktuelle Projekt sogar noch hinter die ursprünglichen Pläne des spanischen Investors zurück“, sagt Joost.

Bezirks- und Senatsverwaltungen gingen auf Tauchstation: In Friedrichshain- Kreuzberg hieß es am Donnerstag, es sei niemand für eine Stellungnahme zugegen, urlaubsbedingt, sagte ein Sprecher. Bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hieß es, man könne „nicht weiterhelfen, da wir den Wettbewerb nicht ausgelobt haben“.

Der Kulturclub Yaam war bereits im vergangenen Jahr umgezogen auf ein nahe gelegenes Grundstück an der Schillingbrücke. Das war zuvor vom Club „Magdalena“ genutzt worden, der seinerseits auf ein anderes Grundstück ausgewichen war.

Die Bebauung der Grundstücke an den Kreuzberger und Friedrichshainer Ufern geht auf eine Planung des Senats in den 1990er Jahren zurück, als mit einem starken wirtschaftlichen Wachstum der Stadt gerechnet wurde. Als dieser ausblieb und viele Baupläne nicht verwirklicht wurden, bevölkerten Berliner aus den benachbarten Quartieren die Brachen und bauten sie schrittweise zu Clubs und Party-Locations aus, was Berlins Ruf als deutsche Partyhauptstadt festigte. Wegen der zunehmenden Wohnungsnot stehen nun viele dieser Zwischennutzungen Bauprojekten im Wege.

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