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Die landeseigene Universitätsklinik muss auf Wunsch des Senats sparen.
© dapd

Gesundheitswesen: An der Charité fehlen bis zu 200 Schwestern

Das landeseigene Universitätskrankenhaus muss auf Wunsch des Senats sparen. Die Pflegekräfte wollen mit der Klinikleitung über die Arbeitsbedingungen verhandeln.

Während an der Charité die seit Jahren debattierten Sanierungen starten, kommen auf die Klinikleitung zur gleichen Zeit schwierige Verhandlungen mit Schwestern und Pflegern zu. In einem offenen Brief an die Vorsitzende des Charité-Aufsichtsrates, Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD), hatte Personalratschef Carsten Becker schon im Juni mehr Pflegekräfte gefordert. Ihm zufolge fehlen bis zu 200 ausgebildete Krankenpfleger in der Universitätsklinik, in deren Betten jedes Jahr fast 140000 Patienten stationär behandelt werden.

Allein die mehr als 100000 aufgesparten Überstunden entsprächen mehr als 50 neuen Stellen, sagte Becker. Außerdem lease die Klinik viele Pflegekräfte, statt sie anzustellen. Derzeit beschäftigt die Charité 3400 ausgebildete Schwestern und Pfleger, die sich 2500 Vollzeitstellen teilen. Hunderte Stellen hatte die landeseigene Klinik in den vergangenen Jahren gestrichen. Die Gewerkschaft Verdi will in den kommenden Wochen mit dem Klinikvorstand über bessere Arbeitsbedingungen verhandeln.

Die Stimmung unter den Beschäftigten ähnele derjenigen „vor dem Streik im letzten Jahr“, schreibt Personalrat Becker an Senatorin Scheeres. Im Mai 2011 hatten Pflegekräfte und Techniker an den Charité-Standorten in Wedding, Mitte und Steglitz fünf Tage für einen Lohn nach dem Bundestarif gestreikt. Nun steht nicht das Gehalt, sondern die Personalsituation im Fokus. Auf den Intensivstationen betreut laut Personalrat eine Pflegekraft durchschnittlich drei Patienten, in der sogenannten Normalpflege ist eine Schwester für bis zu 20 Patienten zuständig. „Das ist zu viel“, sagte Becker. „Um gute Pflege zu gewährleisten, muss der Personalschlüssel besser werden. In Schweden kümmert sich eine Schwester um maximal zwölf Patienten.“ Eine Klinik-Sprecherin erklärte, wegen der unterschiedlichen Anforderungen in den Stationen gebe es keinen festen Personalschlüssel. Außerdem habe man im Zuge der vom Senat verordneten Sparmaßnahmen 2011 rund 200 Krankenbetten abgebaut, wodurch in einigen Bereichen weniger Personal gebraucht würde.

Allerdings bucht die Klinik bedarfsweise Schwestern und Pfleger dazu. Dem Personalrat zufolge hat die Charité 2011 für zwölf Millionen Euro fehlendes Personal geleast, also Pflegekräfte leihweise beschäftigt. Die Klinikleitung erklärte, sie lease nicht dauerhaft, sondern nur um Belastungsspitzen zu begegnen. Außerdem habe man dafür nur neun Millionen Euro verwandt. „Die geleasten Kräfte zeigen aber, dass mehr Personal nötig ist“, sagte Becker.

Charité-Aufsichtsratsmitglied und Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) hatte die verschuldete Klinik auf einen harten Sparkurs verpflichtet. Die Krankenhausleitung hatte sich zwar wie die meisten Klinikbetreiber gegen die übliche Begrenzung der Krankenhausausgaben ausgesprochen – aber: „Auch bei gutem Willen werden Personalaufwüchse daher eher bescheiden ausfallen“, sagte eine Kliniksprecherin. Meist liegen die von den Landesregierungen und Krankenkassen genehmigten Mittel unter den Preissteigerungen für Güter und Dienstleistungen. Charité-Chef Karl Max Einhäupl hatte 2011 Verständnis für Lohnforderungen der Pflegekräfte gezeigt.

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