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Zurück auf Start? Kurz vor der Tarifeinigung stellte Verdi Nachforderungen. Nun droht erneut Streik an der Charité.
© dapd

Neue Streiks möglich: Charité: Tarifeinigung steht auf der Kippe

Bei den Tarifverhandlungen zwischen Verdi, Beamtenbund und der Universitätsklinik haben sich die Fronten verhärtet. Die Charité sieht keinen Spielraum mehr bei der Lohnrunde. Es droht ein neuer Streik.

Die Charité steht kurz vor einem erneuten Streik. Bei den Tarifverhandlungen zwischen der Universitätsklinik und der Gewerkschaft Verdi sowie dem Beamtenbund haben sich die Fronten am Mittwoch verhärtet. Nachdem die Hauptforderung der Gewerkschaften, das Gehalt der 10 000 Schwestern, Pfleger und Techniker auf Bundesniveau anzugleichen, weitgehend erfüllt zu sein schien, überraschte Verdi nach Klinikangaben mit einem Nachschlag: Man wolle eine schnellere Angleichung der Löhne als angeboten. Konkret hatte das Krankenhaus bis 2012 insgesamt 200 Euro mehr pro Monat in Aussicht gestellt, bis 2014 soll eine prozentuale Steigerung hinzukommen, womit für viele der nichtärztlichen Beschäftigten der bundesweit übliche Tarif gezahlt werden würde. Allerdings würden den Klinikvorschlägen zufolge die seit längerem angestellten Mitarbeiter frühestens 2016 dieses Entgelt enthalten. Pflegekräfte am Steglitzer Campus Benjamin Franklin bezeichneten das Angebot als „krasse Provokation“, sie würden seit Jahren vergleichsweise schlecht bezahlt. Eine Vollzeit-Schwester erhält nach zehn Dienstjahren mit Nachtschichten im Schnitt derzeit weniger als 2500 Euro brutto im Monat – das sind rund 200 Euro weniger als in den ebenfalls landeseigenen Vivantes-Kliniken.

Die Charité erhob schwere Vorwürfe gegen Verdi. Die Gewerkschaft, heißt es in einem offenen Brief, der an alle Mitarbeiter ging, verlasse die Grundlage einer „akzeptablen und fairen Verhandlungsführung“ und betreibe „zweifelhafte politische Spiele“ zu Lasten von Beschäftigten und Patienten. „Wir haben unseren Rahmen voll ausgeschöpft und sogar Zugeständnisse gemacht, die über den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst hinausgehen, für uns kommt diese Wendung überraschend“, sagte Klinikleiter Matthias Scheller.

Die Verdi-Verhandler hatten schon am Dienstag die Gewerkschaftsmitglieder unter den nichtärztlichen Beschäftigten über den Stand der Gespräche mit der Charité informiert. Etwa 70 Prozent der Verdi-Mitglieder sprachen sich daraufhin für einen Streik aus, sollte die Klinik das Angebot nicht verbessern, also etwa die Löhne nicht eher angleichen. Carsten Becker von Verdi-Betriebsgruppe sagte dem Tagesspiegel: „Ab kommenden Montag werden wir eine komplette Mitgliederbefragung in der Klinik durchführen. Von deren Ergebnis hängt ab, ob wir den Streik wieder aufnehmen.“ Spätestens im Juni könnten die OP-Säle der Charité wieder geschlossen sein. Anfang Mai hatten 2000 Pflegekräfte eine knappe Woche lang gestreikt – pro Tag fielen jeweils bis zu 200 Behandlungen aus.

Verdi-intern sind einige durchaus an einem schnellen Abschluss interessiert – auch wenn die Basis für eine zügigere Angleichung an den bundesweit üblichen Lohn weiter in den Ausstand treten würde. Außerdem könnte es zum Konflikt zwischen Verdi und dem deutlich kleineren Ableger des Beamtenbundes in der Charité kommen. Dessen Verhandlungsführer Gregor Klöcker sagte: „Aus unserer Sicht ist eine Menge erreicht worden, wir bleiben vorsichtig optimistisch, dass eine Einigung möglich ist.“ Offiziell sind die Verhandlungen noch nicht gescheitert: An diesem Donnerstag treffe man sich in der Klinik zu einem Gespräch, sagte ein Sprecher des Berliner Verdi-Vorstandes.

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