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Einkehr an einem Ort der Stille mitten im hektischen Touristen-Zentrum von Berlin: Die Stelen des Holocaust-Mahnmals.
© Kay Nietfeld/dpa

Exklusiver Neubau in Mitte: Am Holocaust-Mahnmal rücken die Bagger an

Die Buden neben dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas müssen Luxuswohnungen weichen. Zwei Eigentümerfamilien haben das Grundstück gekauft. Bis Ende 2018 sollen 125 Mietwohnungen fertig sein.

Ein Wohnhaus direkt am Holocaust-Mahnmal, das ist eine spezielle Herausforderung. Bislang gebe es nur Skizzen, wie der Neubaublock an der Cora-Berliner-Straße aussehen könnte. „Es wird kein aufgeregter Entwurf sein, eher ein klassisches Gebäude in der Tradition des steinernen Berlin, von gediegener Zurückhaltung“, sagte der Projektentwickler Christian Ruhdorfer vom Münchener Unternehmen MUC Real Estate. Noch in diesem Jahr soll der Bauantrag für das Haus mit 125 Mietwohnungen gestellt werden, Ende 2018 ist die Fertigstellung geplant. Investiert werde ein dreistelliger Millionenbetrag.

Bis 31. März müssen Buden geräumt sein

Seit Monaten gibt es Spekulationen über das Bauvorhaben. Die Mieter der hölzernen Pavillons an der Ostseite des Mahnmals erhielten nur noch kurzfristige Mietverträge. Jetzt sollen sie zum 31. März endgültig raus. Auch der Parkplatz dahinter wird geräumt, um Platz zu schaffen für vorbereitende Arbeiten. Im vergangenen Sommer kursierte eine exorbitant hohe Kaufsumme für das 4500 Quadratmeter große Grundstück: 75 Millionen Euro. „Über die Kaufsumme wurde Stillschweigen vereinbart“, sagte Ruhdorfer dazu.

Er entwickelt das Projekt für zwei Eigentümerfamilien, die anonym bleiben möchten. Die Familien betrachteten das Haus als Anlageobjekt, ein Weiterverkauf sei nicht geplant. Wie hoch die Mieten in den exklusiven Wohnungen mit Blick auf Mahnmal und Tiergarten ausfallen werden, sei noch nicht kalkuliert, sagte der MUC-Chef. Parallel zum Bauprojekt wird der Bebauungsplan für das Holocaust-Areal öffentlich ausgelegt.

Neubau nicht höher als das Adlon

Vom 22. Februar bis 22. März ist der Plan in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung am Köllnischen Park 3 oder auf den Internetseiten der Bauverwaltung einzusehen. Mit dem B-Plan wird das Mahnmal baurechtlich abgesichert, für den eher hypothetischen Fall, dass der Eigentümer, derzeit die Bundesrepublik, eines Tages wechseln sollte. Im B-Plan ist der Neubau als Lückenschluss der vorhandenen Blockrandbebauung ausdrücklich erwähnt. Er soll maximal 29 Meter hoch sein, der Investor verspricht, sich an der Höhe des Adlon zu orientieren. Auch eine Tiefgarage darf als Ersatz für die Parkflächen gebaut werden.

Im Boden könnten Bunkerreste liegen

Noch im Frühjahr sollen Bodenuntersuchungen beginnen. Ruhdorfer vermutet einen Bunker an der Grundstücksecke zur Hannah-Arendt-Straße, das könnte das Ausheben der Baugrube verzögern. Die Pavillons sollen zunächst nicht abgerissen werden, Ruhdorfer könnte sich eine kulturelle Zwischennutzung vorstellen. Die Verkaufsstellen für Berlin-Souvenirs, die Pommesbuden und Restaurants waren ohnehin als Zwischenlösung bis zur Bebauung gedacht, entwickelten sich aber zum Dauerprovisorium.

Die sogenannte "Bratwurstmeile" am Holocaust-Mahnmal in Berlin. Die Mieter haben Kündigungen erhalten.
Die sogenannte "Bratwurstmeile" am Holocaust-Mahnmal in Berlin. Die Mieter haben Kündigungen erhalten.
© Kai-Uwe Heinrich

Auf dem Areal wollte ursprünglich die Wohnungsbaugesellschaft Mitte einen Neubau errichten, doch wegen der hohen Altschulden verkaufte die WBM die noch in der DDR errichteten Plattenbauten an der Wilhelmstraße an einen privaten Investor. Der wandelte viele Wohnungen in Ferienapartments um und verkaufte einzelne Blöcke und Grundstücke weiter.

Mieter befürchten noch mehr Abriss

Ein Block, die Wilhelmstraße 56–59, soll demnächst abgerissen und durch einen „Stadtpalast“ ersetzt werden, der an die Kolossalbauten der Kaiserzeit erinnert. Eine Mieterinitiative wehrt sich seit Jahren gegen die Nutzung als Ferienwohnung und den Abriss einzelner Blöcke. Der Bezirk Mitte will mit einer Erhaltungsverordnung die Bestandsbauten sichern, die Untersuchungen dazu laufen. Auch die Plattenbauten am Holocaust-Mahnmal wären damit vor dem Abriss geschützt.

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