Flughafen BER: Alles auf Anfang beim Lärmschutz
Brandenburg startet ein neues Planfeststellungsverfahren für mehr Ruhe. Dadurch drohen beim Flughafen Mehrkosten von 250 Millionen Euro. Aber: Der neue Eröffnungstermin März 2013 sei nicht gefährdet. Sagt zumindest der Flughafen.
Der Schallschutz für den Großflughafen BER in Schönefeld wird möglicherweise enorme Mehrkosten verursachen: Brandenburgs Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD) gab am Mittwoch im Potsdamer Landtag überraschend bekannt, dass jetzt ein förmliches, aufwendiges „neues Planfeststellungsverfahren“ für den Lärmschutz am BER beginnt, das nicht vor dem Sommer 2013 abgeschlossen sein wird.
Zwar betonte Flughafenchef Rainer Schwarz, dass der Eröffnungstermin am 17. März 2013 deshalb nicht gefährdet sei. Doch dem Flughafen drohen weitere Kosten von mindestens 250 Millionen Euro für den Schallschutz. Außerdem könnte es Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zur Lärmschutzproblematik geben. Denn der rechtskräftige Planfeststellungsbeschluss zum Lärmschutz am Tage und in der Nacht wird noch einmal aufgeschnürt.
Eigentlich sollten die rund 40 000 betroffenen Bürger geschützt sein, wenn der BER in Betrieb geht. Nun wird nicht einmal geklärt sein, welche Schallschutzstandards in den Wohnungen der Umgebung gelten. Im Landtag begründete Vogelsänger seine Entscheidung mit dem von der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) am 19. April 2012 eingereichten „sogenannten Klarstellungsantrag“. Die FBB habe damit „eine wesentliche Änderung des Planfestellungsbeschlusses“ beantragt, sagte Vogelsänger. „Jedes Planfeststellungsverfahren ist mit Unwägbarkeiten verbunden.“ Im Rahmen des Verfahrens werden erneut – beim BER nach 2004 und 2008 zum dritten Mal – alle betroffenen Träger öffentlicher Belange angehört, also die Gemeinden und Stadtbezirke, Behörden, Kammern und Bürgerinitiativen.
Bildergalerie: Das Debakel um den Flughafen
Der Flughafen will den Planfeststellungsbeschluss nachträglich für die 14 000 Wohnungen des sogenannten Tagschutzgebietes ändern lassen, um das eigene Schallschutzprogramm zu legalisieren. Es geht darum, wie effizient Schallschutzfenster sein müssen. Die Planfestellungsbehörde pocht bislang darauf, dass nach den geltenden Vorgaben gewährleistet sein muss, dass in den Wohnungen durch Fluglärm kein Pegel lauter als 55 Dezibel sein, kein normales Gespräch in Zimmerlautstärke unterbrochen werden darf.
Die FBB geht davon aus, dass wie bei den Vorgaben für die Nacht sechs Überschreitungen dieses Wertes zulässig sind – und hat auf dieser Grundlage alle bisher bewilligten 16 000 Schallschutzmaßnahmen berechnet. Sprecher Ralf Kunkel sagte, der Flughafen werde die bisherige Praxis nicht ändern. Es gebe bereits „einen hervorragenden Schutz“. Dagegen sagte Vogelsänger: „Ich gehe davon aus, dass das Schallschutzprogramm so umgesetzt wird wie im Planfeststellungsbeschluss vorgegeben.“
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) erklärte im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses, die Finanzierung des Flughafens befinde sich „an der Kante“, ohne allerdings konkrete Zahlen zu nennen. Belastbare Daten werde es erst am 22. Juni geben.
Der Flughafen führt zurzeit Gespräche mit acht Einzelhändlern, die wegen der verschobenen Flughafeneröffnung in „massive finanzielle Schwierigkeiten“ geraten sind, sagte Flughafenmanager Norbert Minhorst. Ihnen werde die Hilfe eines externen Beraters angeboten, allerdings hoffe der Flughafen, dass „es unter der Schwelle bleibt, wo wir Geld in die Hand nehmen müssen“. Schadensersatzforderungen seien bislang nicht eingegangen.
Thorsten Metzner, Thomas Loy