Überlastete Berliner Bezirksämter: Alleinerziehende warten monatelang auf Unterhaltsvorschuss
Berliner Bezirke kommen mit der Bearbeitung von Anträgen auf Unterhaltsvorschuss nicht hinterher. In Mitte bleibt die Stelle den kompletten Dezember weiterhin geschlossen.
In den Berliner Bezirksämtern stapeln sich die Anträge auf Unterhaltsvorschuss. In Mitte teilte das Amt nun mit: Die Unterhaltsvorschussstelle bleibt den kompletten Dezember "weiterhin" geschlossen. Der genannte Grund: Die "Vielzahl der gestellten Anträge aufgrund der Ausweitung des Unterhaltsvorschussgesetzes zum 01.07.2017 und umfangreicher Baumaßnahmen in der Unterhaltsvorschussstelle". Die Bearbeitung der Anträge werde zwar fortgeführt, aber dies nehme "einige Zeit in Anspruch".
Seit 1. Juli dieses Jahres können Kinder bis zum 18. Lebensjahr Unterhaltsvorschuss erhalten. Dr. Sandra Obermeyer (Linke), Stadträtin für Jugend und Bürgerdienste, gab in der Bezirksverordnetenversammlung vergangene Woche erschreckende Zahlen bekannt: Seit Juli seien 6700 Anträge eingegangen, die jetzt noch bearbeitet werden – im selben Zeitraum schaffen die Beamten normalerweise an die 1000.
Der Unterhaltsvorschuss ist eine Leistung des Jugendamtes, die dazu dient, den Ausfall von Unterhaltszahlungen für minderjährige Kinder abzumildern. Die Leistung dient der Sicherstellung des Unterhaltes, wenn ein unterhaltspflichtiger Elternteil keinen Unterhalt für sein Kind zahlen will oder kann.
Nachfragen unerwünscht
Eine Leserin aus Tempelhof-Schöneberg wandte sich an den Tagesspiegel-Newsletter "Checkpoint" und schilderte ihren Fall: Die alleinerziehende Mutter zweier Kinder (zwei und fünf Jahre) stellte einen Antrag auf Unterhaltsvorschuss. Dieser wurde am 10. August "verzeichnet". Eine Frage nach dem Stand der Dinge wurde am 4. Oktober so beschieden: Wegen Personalmangels seien derzeit nur Registrierungen möglich - von weiteren Nachfragen bitte man abzusehen.
Neue Nachfrage, die Antwort vom 29. November (16 Wochen nach Antragseingang): Ein Zeitraum für die Bewilligung kann nicht genannt werden, außerdem bitte man „nochmal, von weiteren Fragen abzusehen, da dies nur unnötig die Bearbeitungszeit verzögert“.
Laut § 75 Verwaltungsgerichtsordnung ist nach drei Monaten Wartezeit eine Untätigkeitsklage möglich – auch wenn nicht Untätigkeit, sondern Überlastung die Ursache des Behördenversagens ist.
Auch Standesämter und Elterngeldstellen sind überlastet. Deswegen hat der Senat den Bezirken für das kommende Jahr 1200 zusätzliche Stellen zugesichert. (Tsp)