zum Hauptinhalt
Der Lehrermangel führt zu allerlei Verlegenheitslösungen. Eine davon ist die Einstellung tausender Quereinsteiger.
© dpa

Protest der Berliner Lehrer: Alle Schulen sollen Quereinsteiger aufnehmen

Facetten des Lehrermangels: Während junge Pädagogen für die Rückkehr zur Verbeamtung demonstrierten, machten erste Details zur Quereinsteigerquote die Runde.

Seitdem alle Bundesländer außer Berlin ihre Lehrer (wieder) verbeamten, ist es nicht schwer, passende Reime zu finden: "Er war den Herausforderungen stets gewachsen - leider unterrichtet er nun in Sachsen". "Wir werden sie nicht vergessen - nun unterrichtet sie in Hessen", war auf den "Traueranzeigen" zu lesen, die die Demonstranten von "Bildet Berlin!" am Donnerstag vor sich hertrugen.

Seit über sieben Jahren lässt die Lehrerinitiative nicht locker, wenn es darum geht, die Schlechterstellung der hiesigen Lehrer anzuprangern: Immer wieder melden sich ihr Gründer Florian Bublys und seine Mitstreiter zu Wort, um vor den Folgen der Nicht-Verbeamtung zu warnen.

Am Donnerstag wählten sie als Form eine symbolische Trauerfeier mitsamt Grabrede, weißen Lilien, Trauermarsch und schwarzem Sarg, der auf dem Potsdamer Platz ein paar Meter zwischen roten Grablichtern zurücklegte.

"Bildet Berlin!" und mit ihr weitere Hunderte oder auch Tausende Lehrer haben wieder Hoffnung geschöpft, dass es doch noch klappen könnte mit der ersehnten Verbeamtung, seitdem die Berliner SPD laut über diese Möglichkeit nachdenkt oder sogar dafür wirbt, wie zuletzt Bildungssenatorin Sandra Scheeres. Da die Sozialdemokraten auf ihrem Parteitag am 30. März über die Frage abstimmen wollen, möchte "Bildet Berlin!" im Vorfeld zeigen, wie virulent ihre Forderung noch immer ist und dass sich längst nicht alle Lehrer mit dem Angestelltenstatus abgefunden haben.

Das Thema ist ohnehin stets präsent - wann immer irgendwo über Lehrermangel gesprochen wird. Und das ist gerade wieder verstärkt der Fall, denn die Einstellungen zum kommenden Schuljahr treiben die Schulen um.

Sie gingen weg und kamen nicht wieder: Am Donnerstag wurden auf dem Potsdamer Platz symbolisch all die Lehrer zu Grabe getragen, die Berlin im Laufe der vergangen Jahre mangels Verbeamtung verlassen haben. Veranstalter war die Initiative "Bildet Berlin!". Deren Gründer und Vorsitzender Florian Bublys (im Bild mit den Blumen) hielt die "Trauerrede".
Sie gingen weg und kamen nicht wieder: Am Donnerstag wurden auf dem Potsdamer Platz symbolisch all die Lehrer zu Grabe getragen, die Berlin im Laufe der vergangen Jahre mangels Verbeamtung verlassen haben. Veranstalter war die Initiative "Bildet Berlin!". Deren Gründer und Vorsitzender Florian Bublys (im Bild mit den Blumen) hielt die "Trauerrede".
© Paul Zinken/dpa

Neuerdings hat die Lehrersuche eine neue Facette bekommen und zwar die Verpflichtung an alle Schulen, Quereinsteiger aufzunehmen. Bisher gab es immer noch rund ein Viertel Schulen, die genug gelernte Lehrer fanden und daher keine Quereinstiger einstellen mussten. Damit ist es infolge einer Quereinsteigerquote vorbei, was bereits vor vielen Wochen angekündigt worden war. Neu ist jetzt aber die Festlegung, in welcher Form diese Verpflichtung passieren soll.

Größere Schulen sollen zwei Quereinsteiger nehmen

Zwar sei den Schulleitern noch nichts schriftlich gegeben worden, ist zu hören. Allerdings wird jetzt auf Schulleitersitzungen Bezirk für Bezirk die neue Regelung kommuniziert. Dem Vernehmen nach sollen große Schulen verpflichtet werden, zwei Quereinsteiger zu nehmen. Bei den kleineren Schulen reicht einer, heißt es. Zur Frage, ab wie vielen Schülern eine Schule "groß" ist, kursieren verschiedene Antworten: Zuletzt war von 360 Schülern die Rede.

Kritik an der Ausgestaltung der Quereinsteigerquote ließ nicht lange auf sich warten: Schulleiter berichten, dass zusätzliche Probleme auftauchen - etwa, wenn es in der gewünschten Fächerkombination keinen Quereinsteiger gibt. "Muss man dann geeignete ausgebildete Bewerber ablehnen, bis man einen Quereinsteiger gefunden hat?", fragen sich die ersten Schulleiter.

Auf ein weiteres Problem weist Gunilla Neukirchen hin, die die Schulleitervereinigung der GEW vertritt: "Es kann jetzt passieren, dass Schulen ihre fertig ausgebildeten Referendare nicht behalten dürfen". Damit gehe der "Klebeeffekt" verloren, der manche Lehrer noch in Berlin hält - einfach weil sie sich an der Schule, an der sie ihr Referendariat abgeleistet hatten, wohlfühlen. Wenn sie nun gezwungen würden, sich eine andere Schule zu suchen, könne sie das aus der Stadt treiben, befürchtet Neukirchen, die das Lankwitzer Beethoven-Gymnasium leitet.

Bei "Bildet Berlin!" klingt das ungefähr so: "Der Verlust ist schwer zu ertragen - sie ist nun in Schwaben".

Lesen Sie mehr aus Ihrem Bezirk

Zwölf Newsletter, zwölf Bezirke: Unsere Leute-Newsletter aus allen Berliner Bezirken können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de

Susanne Vieth-Entus

Zur Startseite