Bund will Campus für Demokratie entwickeln: Aktivisten dauert die Stadtplanung zu lange
Im ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit will der Bund einen "Campus für Demokratie" einrichten. Es zieht sich. Aktivisten fordern eine Zwischennutzung.
Der Jugendclub „Linse“, ein kleiner Flachbau neben den Bahngleisen der Frankfurter Allee. Normalerweise finden hier Veranstaltungen, Konzerte oder Workshops des Lichtenberger Jugendamtes statt. Am Mittwoch hat sich die linke Aktivistengruppe um das geplante „Soziale Zentrum Lichtenberg“ hier eingemietet. In dem dunklen und etwas muffigen Raum sitzen eine Handvoll Menschen beisammen und lassen sich auf den aktuellen Stand bringen. Am 28. September diesen Jahres hatte diese Gruppe für 24 Stunden den Gebäudekomplex Ecke Magdalenenstraße besetzt und sich dabei für eine sozio-kulturelle Nutzung des Gebäudes stark gemacht.
Zwischen Grünen und Linkspartei kam es zum Streit um die Nutzung des Areals. Der Bund plant einen "Campus für Demokratie", wo auch ein Teil des Bundesarchives einziehen soll. Aber noch ist nichts Konkretes umgesetzt worden. Die Aktivisten zitieren die zuständigen Staatsministerin für Kultur und Medien, Maria Bering, die sich sicher ist, „dass hier eines Tages gebaut wird“.
Den Aktivisten dauert das zu lange. Kultursenator Klaus Lederer habe der Gruppierung mitgeteilt, solange der Bund keine konkreten Pläne vorlege, werde es beim aktuellen Leerstand bleiben. Das Land sei verpflichtet, das Gebäude dem Bund zur Verfügung zu stellen. Die Aktivisten wollen zumindest eine sinnvolle Zwischennutzung zu erwirken.
Die Aktivisten zeigen Bilder vom Inneren des Gebäudes. Karge Decken und karge Wänden – das Gebäude muss dringend saniert werden. Die 2010 durchgeführte Schadstoffsanierung kostete dem Land eine Million Euro. Sämtliche Böden und Decken wurden herausgerissen, alle nicht tragenden Wände sowie sämtliche Sanitär- und Stromleitungen entfernt. Die Motivation des Bezirks, das Gebäude als Wohnanlage zu nutzen war gering. Und auch der Leerstand kostet dem Land Berlin geschätzte 39.000 Euro im Jahr.
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Die Pläne der Hausbesetzer sehen Künstlerateliers, Werkstätten und Wohnungen vor. Und auch die umliegende Nachbarschaft soll in die Planungen mit einbezogen werden. Grundsätzlich stehe das Projekt für jeden offen. „Es geht darum, alternative Lebensweisen in Lichtenberg und anderswo, wieder fester in den Kiez zurück zu holen“, sagt der Aktivist Tilo dem Tagesspiegel.
Die Pläne des Bundes seien nicht konkret genug und würden sich in die Länge ziehen. Aufgrund des schlechten Gebäudezustandes kommt für die Nutzung als Sozialzentrum nur das Erdgeschoss in Frage. Das Dach ist dringend sanierungsbedürftig, Hausfassade und Balkone bröckeln bereits bedenklich vor sich hin.
Die Nutzungsgenehmigung vom Bezirk liege inzwischen vor. „Wir bauen um, dann hoffen wir auf die Abnahme. Das ist natürlich nicht ohne Risiko, aber das ist es uns auf jeden Fall Wert“, sagt Thilo. Zum Ende der Veranstaltung finden sich die Teilnehmer in verschiedenen Arbeitsgruppen zusammen. Eine Gruppe arbeitet an der politischen Umsetzung, die nächste schmiedet Pläne, was für Ideen man konkret umsetzen möchte. Man will beweisen, dass Wohnungspolitik auch anders funktionieren kann.