Nach Berlin-Wahl: AfD kann Stadtratswahl nicht verhindern
In Tempelhof-Schöneberg klagt die AfD auf einen Bezirksamtsposten - ein Eilantrag blieb ohne Erfolg. Auch die Neuköllner Linken bemühen die Justiz. Und Pankow wählte den „Clown-Schubser“ nicht.
Rund acht Wochen nach den Wahlen formieren sich nun auch die Bezirksämter. Richtig rund läuft es allerdings nicht. Erst nach mehreren Unterbrechungen konnte am Mittwochabend die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in Tempelhof-Schöneberg das komplette Bezirksamt wählen. Die Fraktion der AfD hatte nämlich eine Klage beim Berliner Verfassungsgerichtshof eingereicht, da sie die derzeitige Sitzverteilung in der BVV durch das d’Hondtsche Zählverfahren für verfassungswidrig hält. Sie stellt derzeit sechs Bezirksverordnete.
Würden die Sitze beispielsweise nach dem Hare-Niemeyer-Verfahren verteilt, käme die AfD nach ihren Angaben auf sieben Verordnete und hätte Anspruch auf den vierten Stadtratsposten, den jetzt die Grünen besetzen können. Aus diesem Grund hatte die AfD zudem einen Antrag auf einstweilige Anordnung beim Verfassungsgerichtshof gestellt, um die Wahl des vierten Stadtrats zu verhindern. Diesen Antrag wiesen die Berliner Verfassungsrichter am frühen Abend ab. Über das Hauptverfahren wird zu einem späteren Zeitpunkt entschieden. Somit konnten dann doch am Mittwoch alle Bezirksamtsmitglieder gewählt werden.
In Pankow wurde Nicolas Seifert nicht zum Stadtrat gewählt
Auch in Pankow lief es nicht glatt. AfD-Kandidat Nicolas Seifert wurde nicht zum Stadtrat gewählt, wie der BVV-Vorsitzende Michael van der Meer nach dem vierten Wahlgang des Abends bestätigte. In diesem hatten neun der 55 Verordneten für Seifert gestimmt. Der BVV-Vorsitzende will sich nun mit der Bezirksaufsicht beraten. Möglich, dass die AfD dann ihr Recht verliert, ein neuen Stadtratskandidaten zu nominieren.
Zuvor musste van der Meer die Sitzung unterbrechen und das Publikum aus dem Saal schicken. Die AfD hatte beantragt, die Zuschauer von der Sitzung auszuschließen. Mitglieder der Antifa und der Partei Die Partei hatten gegen den AfD-Kandidaten protestiert. Sie trugen Clownsnasen und hielten Plakate hoch, auf denen stand "Nicolas Seifert? Einfach nein" oder "Brandstifter*innen in Nadelstreifen". Nach kaum zehn Minuten zog die AfD ihren Antrag zurück, doch da hatten die Antifa-Mitglieder das Gebäude bereits verlassen.
Keine Ergebnisse in Kreuzberg und Neukölln
In Kreuzberg hat sich die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) immer noch nicht konstituieren können, und in Neukölln wurde die für Mittwoch geplante BVV-Sitzung abgesagt. Außerdem klagte die dortige Linksfraktion vor Gericht, weil sie sich nicht angemessen in den Ausschüssen vertreten sieht. Im Eilverfahren wurde die Klage zunächst abgewiesen; die Fraktion überlegt, ob sie Beschwerde einlegen soll.
Am Mittwochvormittag unterzeichneten im Rathaus Schöneberg die SPD-Kreisvorsitzende Dilek Kolat und die Grünen-Kreischefin Catherina Pieroth-Manelli die Vereinbarung über eine Zählgemeinschaft und die Zusammenarbeit im Bezirk. Sie steht unter dem Motto "die wachsende Stadt sozial und ökologisch gestalten". Nachdem am Abend die Verfassungsklage abgeschmettert war – das Hauptverfahren folgt allerdings noch – konnten dann doch am Mittwoch alle Bezirksamtsmitglieder gewählt werden.
Angelika Schöttler wurde wiedergewählt
Bezirksbürgermeisterin wurde die bisherige Amtsinhaberin Angelika Schöttler von der SPD. Sie erhielt die Stimmen der Zählgemeinschaft von SPD und Grünen sowie aus Reihen der Linken. CDU, FDP und AfD hatten angekündigt, sie nicht zu wählen. Ihr Parteifreund Oliver Schworck wurde Stadtrat für Jugend, Gesundheit, Schule, Sport, Natur und Umwelt gewählt, Jutta Kaddatz von der CDU Stadträtin für Soziales, Bildung und Kultur. Für die Grünen übernimmt der frühere BVV-Fraktionsvorsitzende Jörn Oltmann den Posten als stellvertretender Bürgermeister und Stadtrat für Stadtplanung, Facility Management und Sozialraumorientierung.
Christiane Heiß, Mitglied im Kreisvorstand der Grünen, wurde Stadträtin für Ordnungs-, Straßen- und Grünflächenamt. Um die letzte Personalie hatte es bei den Grünen Streit gegeben. Viele Mitglieder in der Fraktion hätten auf dem Posten lieber Martina Zander-Rade gesehen. Mit Zander-Rade und Oltmann an der Spitze waren die Grünen auf Bezirksebene in den Wahlkampf für die BVV-Wahlen gegangen. Noch am Vormittag hieß es bei Bezirkspolitikern, man sei sich nicht sicher, ob nicht Mitglieder der Grünenfraktion Heiß ihre Stimme verweigern würden. Die langjährige Sozialstadträtin Sibyll Klotz (Grüne) schied aus dem Bezirksamt ebenso aus wie der bisherige Baustadtrat Daniel Krüger (CDU). Klotz aus freien Stücken, Krüger hingegen war von der CDU nicht mehr nominiert worden.
In Charlottenburg-Wilmersdorf wird Donnerstag gewählt
Vor der für Donnerstag geplanten Bezirksamtswahl in Charlottenburg-Wilmersdorf haben sich SPD und Grüne auf die Fortsetzung der rot-grünen Zählgemeinschaft verständigt. Bürgermeister Reinhard Naumann (SPD) bleibt im Amt.