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Blickfang in Rot. Einen Polo GTI erkennt man auch, wenn er langsam fährt.
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Der VW Polo GTI: Acht Pferdchen mehr

Den neuen VW Polo GTI ziehen nun sogar 200 PS durch die Kurven. Ein Fahrerlebnis auf den Straßen Mallorcas

Die schönste Rennstrecke der Welt? Für Hans-Joachim Stuck ganz klar der Nürburgring, und einer wie er, mit den Pisten des Globus vertrauter Formel-1-Veteran und hier in seiner Funktion als „Repräsentant Motorsport“ von Volkswagen, muss es ja wissen. Aber jetzt stehen wir nicht in der berühmten „grünen Hölle“ der Eifel, sondern fern ihrer Schikanen am Rande des Circuit Mallorca südöstlich von Palma. Etwas über drei Kilometer lang, fünf Links-, acht Rechtskurven, keine großen Höhenunterschiede – gar nicht so schlecht, um einem Alltagsfahrer die Vorzüge des neuen Polo GTI nahezubringen. Eines alle traditionellen Insignien der Reihe und diverse Neuerungen bietenden Kompaktwagens mit vergleichsweise erschwinglichem Sport-Feeling. 200 PS hat er und ist damit noch mal acht Pferdchen stärker als der 2014 vorgestellte Vorgänger. Von 0 auf 100 kommt er in 6,7 Sekunden, bei 237 km/h Spitze.
Letzte Instruktionen von Dennis Retera, noch ein Rennfahrer, Niederländer, aktiv: Bloß nicht die ESC, die „Electronic Stability Control“, ausschalten; zwei, drei Wagenlängen Abstand halten; in den Kurven auf die rot-weißen Pylonen am Streckenrand achten, die großen für den Einlenkpunkt, die kleinen für den Scheitelpunkt – es geht hier um die Ideallinie. Er selbst wird vornewegfahren, in einem 310-PS-Golf. Und nun: Ladies and Gentlemen, start your engines!

Ab auf die Piste. Vorneweg ein Golf R mit 310 PS, dahinter der Polo GTI mit 200 PS, fotografiert auf dem Circuit Mallorca.
Ab auf die Piste. Vorneweg ein Golf R mit 310 PS, dahinter der Polo GTI mit 200 PS, fotografiert auf dem Circuit Mallorca.
© Andreas Conrad

Die erste Runde zum Aufwärmen ist noch moderat, dann zieht das Tempo spürbar an, auch wenn danach nicht Fahrer und schon gar nicht Fahrzeug in die Nähe ihrer Grenzen kommen. Ideallinie? Das eher nicht, trotz aller Instruktionen aus dem Lautsprecher, aber Spaß macht es schon, sich sehr, sehr flott durch Rechts- und Linkskurven ziehen zu lassen, in der Gewissheit, dass das in den „Sport“-Modus geschaltete Fahrwerk kleine Fehler gnädig verzeiht. Und wenngleich Retera vorn in seinem hochmotorisierten Leitfahrzeug noch ganz anders könnte: Im ersten Polo, Mitte der Siebziger, damals ja eigentlich nur die Billigversion des Audi 50 mit gerade mal 40 PS, wäre man schon längst aus der Kurve geflogen. Und vorher auf dem nur für Alltagsbedürfnisse geformten Fahrersitz hin und her geworfen worden, während die dem PS-Protz verpassten Sportsitze einen in solchen Kurvenlagen sehr angenehmen Seitenhalt bieten. Bei gemäßigtem Fahren natürlich auch, wie sich später auf den mitunter sehr engen und kurvenreichen, teilweise geradezu hohlwegähnlichen Inselstraßen zeigt, denen ein Polo mit seiner kompakten Form erfreulich entgegenkommt. Und um nicht mögliches Nutzvieh am Wegesrand schon aus der Ferne zu verschrecken, wird jetzt das Fahrprofil von „Sport“ auf „Normal“ geschaltet, dann röhrt der Motor zwar nicht mehr ganz so satt und aggressiv, aber es ist besser für die Umwelt. Das lässt sich bei dem Testwagen mit seiner optionalen, das serienmäßige GTI-Sportfahrwerk noch einmal verfeinernden, fünfstufigen „Sport Select“-Version leicht feststellen: In der „Normal“-Stellung hat das Sechs-Gang-Automatikgetriebe – mit Wippen am Lenkrad ist es bei Bedarf auch manuell zu bedienen – schon in den fünften Gang geschaltet, beim „Sport“-Fahrmodus erst in den dritten. Und dass man mit frühem Hochschalten Sprit spart, lernt jeder Fahrschüler. Wobei der GTI mit, nun ja, angegebenen 5,9 Litern Verbrauch auf 100 Kilometer auch nicht unbedingt ein Säufer ist.

PS-Protz mit Stil. Welche Farbe der Polo GTI auch haben mag - der Streifen am Kühlergrill bleibt rot.
PS-Protz mit Stil. Welche Farbe der Polo GTI auch haben mag - der Streifen am Kühlergrill bleibt rot.
© Promo

Zur Steigerung der Sicherheit hatte der „Ur-Polo“ gerade mal zwei Gurte vorne, während der neue GTI mit all seinen serienmäßigen und optionalen Assistenzsystemen laut VW nahezu gleichauf liegt mit Golf und Passat. Zum Beispiel mit dem wahlweise zurüstbaren „Blind Spot-Sensor“, der durch LED-Lichter in den Außenspiegeln vor Fahrzeugen im toten Winkel warnt und von bloßem Aufleuchten zu hektischem Blinken schaltet, sollte man trotzdem zum Spurwechsel ansetzen.
Eine nützliche Assistenz wie auch all die anderen elektronischen Helferlein, etwa das über einen Radarsensor arbeitende „Front Assist“-System, das den Fahrer in heiklen Situationen vorausschauend beim Bremsen unterstützt und selbst abbremst, wenn ein Fußgänger plötzlich vor den Wagen rennt. Aber dergleichen gehört zum Stand heutiger Automobiltechnik, nicht zu dem, was VW als die „Gene“ und „Insignien“ der Serie rühmt. Zu den Details, an denen ein GTI erkennbar bleibt, selbst wenn er nur ganz gemütlich im „Normal“-Modus über die Landstraße rollt, gehören etwa der rote Streifen im Kühlergrill oder das GTI-Kürzel vorne und hinten, das für „Gran Turismo Injection“ steht. Aber auch die Spezialfelgen, die roten Bremssättel, der Dachspoiler, das chromglänzende Doppelendrohr wie auch die Lackierung: Den GTI gibt es nur in den klassischen Farben „Pure White“, „Flashrot“ und „Deep Black Perleffect“ sowie zusätzlich in „Limestone Grey Metallic“ und „Reef Blue Metallic“.
Im Interieur des grundsätzlich fünftürig gelieferten Wagens setzt sich das spezielle Design in der Farbkombination aus Schwarz, Grau, Chrom und Rot fort, das diesmal „Velvet Red“ getauft wurde. Schwarz dominiert klar, bei roter Umrahmung von Mittelkonsole und Instrumententafel, die sich an den vorderen Türen fortsetzt.

Sportlicher Schick. Bislang gibt es den Polo GTI nur mit Automatikgetrieben. Die Version mit Handschaltung folgt im zweiten Halbjahr 2018.
Sportlicher Schick. Bislang gibt es den Polo GTI nur mit Automatikgetrieben. Die Version mit Handschaltung folgt im zweiten Halbjahr 2018.
© Promo

Die Innenflächen der Sitze zeigen das traditionelle GTI-Karomuster „Clark“, es gibt sie aber auch in schwarzem Leder. Selbstverständlich sind die Armaturen weiterentwickelt worden, so bietet das neue „Active Info Display“ auf Tastendruck wechselweise drei unterschiedliche Ansichten der Fahrdaten. Besonders hebt VW hervor, dass der Polo GTI erstmals optional mit voll digitalen Instrumenten zu haben ist, wobei inkonsequente Traditionalisten die Anzeigen für Drehzahl und Tempo trotzdem so schalten können, als arbeiteten die Instrumente noch immer mit analogen Zeigern. Noch mal eine kleine Spritztour gefällig? Von Hans-Joachim Stuck eigens empfohlen! Wer es schnell und bequem mag, der wählt für den Weg zur Nordwestküste kurz vor Sóller den Tunnel, wer aber was erleben will, der fährt über den Pass. Nur 497 Meter hoch ist der Coll de Sóller, zu dem sich Serpentinen im schnellen Wechsel hinauf- und hinabwinden – eine freilich sehr enge Traumstrecke, doch gerade richtig für solch einen übersichtlichen Rennzwerg wie den Polo GTI. Obwohl: Rennen, Rallye-Feeling? Lieber nicht, hier haben Fahrradsportler von zahlreichen Warnschildern verbriefte Vorrechte. Zu Dutzenden quälen sie sich hoch, nur mit Vorsicht zu überholen, und sausen, einmal angekommen, schon wieder runter, entgegenkommenden Autofahrern eine kaum willkommene Überraschung. Also besser nicht das Fahrwerk von „Normal“ auf „Sport“ schalten, lieber gelassen dahingleiten, die Aussicht genießen, das funktioniert auch im GTI prima, und viel schneller ginge es auch ohne die Radler nicht.

Einer hat es später trotzdem versucht, das hätte er nicht tun sollen. Hat wohl die radfahrerfreien Stunden des Tages genutzt, wollte ausprobieren, was in ihm und seinem BMW 318 steckt, und hat beide arg überschätzt. Und so hängt der Wagen am nächsten Morgen, von Flatterbändern der „Polizia Local“ notdürftig gesichert, auf dem Mäuerchen, das die Fahrbahn vom Abgrund trennt – eine Warnung für alle Nachkommenden. Gas weg also und schön vorsichtig durch das Asphaltgeschlängel manövriert. Wär doch schade um den neuen Polo.

Technische Daten
Abmessungen (L/B/H): 4,05m / 1,75 m / 1,46 m
Antrieb: 200-PS-Turbovierzylinder, max. Drehmoment 320 Nm, Schadstoffklasse Euro 6 W
Höchstgeschwindigkeit: 237 km/h; 0-100 km/h: 6,7 Sekunden
Getriebe: 6-Gang-Doppelkupplungs-Automatikgetriebe, ab 2. Halbjahr 2018 auch mit 6-Gang-Schaltgetriebe
Verbrauch: (kombiniert gemessen) 5, 9 Liter Super auf 100 km
Preis: ab 23 950 Euro

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